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Die zwölfjährige Mischlings-Hündin Lori. Foto: privat
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Keine drei Meter entfernt vom Jägerstand fand Maria Resch ihre erschossene Hündin. Auch der Berchtesgadener Tierschutzvereinsvorsitzende Axel Decker-Spychala ist schockiert über den Vorfall. Foto: Anzeiger/Irlinger

Österreichischer Jäger erschießt »Lori«

Berchtesgaden – Es ist der dritte Adventssonntag. Maria Resch bringt gegen 16 Uhr ihre Mülltonne an die rund 500 Meter entfernte Roßfeldstraße. Im Schlepptau ihre beiden kleinen Hunde, die zwölfjährige Lori und der dreibeinige Pipo. Plötzlich verschwindet Lori. Maria Resch beginnt sofort nach der zierlichen Hündin zu suchen. Nach drei Stunden findet sie ihre Lori. Drei Meter vor einem Jägerstand – erschossen.


Die Thannlehen-Häuser in der Oberau enden in einer Sackgasse, der sich ein freies Feld anschließt. Nach fast drei Stunden verzweifelten Suchens – zu Fuß und mit dem Auto – macht sich Maria Resch an jenem dritten Adventssonntag um kurz vor 19 Uhr noch in einer letzten Richtung auf, um endlich ihre Lori wiederzufinden. »Es war zwei Tage vor Vollmond, dementsprechend hell war das Feld erleuchtet«, betont die Hundebesitzerin. Immer wieder ruft sie nach ihrer Hündin. Als sie sich schließlich dem Jägerstand am Feldrand nähert, kann sie ihren Augen nicht trauen. Lori mit ihrem deutlich sichtbaren roten Halsband liegt erschossen im Schnee – keine drei Meter neben dem Stand. Mit zwei Schüssen niedergestreckt, einer davon riss der Hündin den kompletten Unterbauch auf.

In diesem Moment steigt der österreichische Jäger von seinem Hochsitz herab und sagte zu seiner Entschuldigung, er habe den Hund mit einem Fuchs verwechselt. »Er verhielt sich mir und meinem Hund gegenüber vollkommen verachtend«, erinnert sich Resch.

»Lori war immer ein sehr ängstlicher Hund, sie ist nie abgehauen und immer beim Haus geblieben«, so Maria Resch. Die Ängstlichkeit von Lori liegt in ihrer Vergangenheit begründet, sie wurde 2006 in Portugal von der Tierschutzhilfe eingefangen und nach Deutschland gebracht. Bei Maria Resch, zu Hause seit drei Jahren in einem der Thannlehen-Häuser in der Oberau, fand sie ihre neue Heimat. Gemeinsam mit dem dreibeinigen Chihuahua-Mischling Pipo aus Griechenland und den beiden ungarischen Katzen Thelma und Louise ging es Lori, einer Podenco-Mischlings-Hündin, gut. »Die Tiere sind für mich wie meine Kinder«, so Maria Resch, der das Erlebnis am 15. Dezember noch tief in den Knochen steckt.

Den Vorfall mitbekommen haben auch der Vorsitzende des Berchtesgadener Tierschutzvereins, Axel Decker-Spychala, und seine Frau Barbara. Die beiden wohnen zufällig im gleichen Haus wie Maria Resch und kamen just in diesem Moment nach Hause, als die völlig aufgelöste Maria ihren toten Hund in einer Decke zurück zu ihrer Wohnung trug. »Wir vermuten, dass Lori noch im Hellen erschossen wurde, da ihr Körper um 19 Uhr bereits stocksteif war«, so der Tierschutzvereinsvorsitzende. »Der Jäger hätte den Hund nicht erschießen dürfen, er hätte hochkommen und eine Verwarnung, verbunden mit der Aufforderung, den Hund einzufangen, aussprechen müssen.« Der Jägerstand befindet sich nur rund 400 Meter neben den beiden letzten Thannlehen-Häusern.

Das Ehepaar Decker-Spychala traf an jenem Sonntag ebenfalls kurze Zeit später auf den österreichischen Jäger, als dieser auf dem Nachhauseweg ihr Haus passierte. Auch ihnen gegenüber äußerte er, dass er den Hund mit einem Fuchs verwechselt habe. »Lori war nur drei Meter vor dem Stand, wenn er sich nicht 100 Prozent sicher war, was er vor sich hat, hätte er nicht schießen dürfen«, so Maria Resch verzweifelt.

Noch am gleichen Tag informierte Axel Decker-Spychala in seiner Funktion als Tierschutzvereinsvorsitzender die Polizei Berchtesgaden. Tierarzt Manfred Weindl wurde am 16. Dezember über den Vorfall in Kenntnis gesetzt. »Die Lori wäre aufgrund ihrer Größe und ihres Alters niemals in der Lage gewesen, ein Reh zu jagen und zu zerreißen«, so der Veterinär, der Lori von regelmäßigen Tierarztbesuchen kannte. Weindl, der Vorsitzender der Jäger von Oberbayern ist, der Berchtesgadener Tierschutzverein, die Jägerschaft des Berchtesgadener Landes und der Bayrische Jagdverband missbilligen die Tat aufs Schärfste und behalten sich gegen den österreichischen Jäger rechtliche Schritte vor. »Die Tat ist mit nichts zu rechtfertigen«, ärgert sich der Schönauer Tierarzt. Aus jahrzehntelanger Erfahrung weiß er, dass ein Hundebesitzer drei Mal verwarnt werden muss, sollte sein Tier herrenlos im Wald herumstreunen. Erschossen darf ein Hund erst dann werden, wenn er unmittelbar Rotwild angreift und zerreißt.

Auf Anraten vieler Bekannter hat Maria Resch mittlerweile die Untere Jagdbehörde im Landratsamt Berchtesgadener Land informiert und bei der Berchtesgadener Polizei Anzeige wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Tierschutzgesetz gegen den österreichischen Jäger erstattet. »Ich hatte noch nie eine schlechte Erfahrung mit Jägern gemacht, doch jetzt habe ich Angst«, so Maria Resch.

»Die Anzeige bringt mir meine Lori nicht zurück, doch ich möchte alle Jäger bitten, verantwortungsvoll mit ihren tödlichen Waffen zu handeln und gleichzeitig auch alle anderen Hundebesitzer sensibilisieren, gut auf ihre Tiere aufzupassen.« Caroline Irlinger