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Das stand am 23. Juni 1914 in der Zeitung

Die Trinkgeldforderung eines Hoteldieners ist vom Landgericht Traunstein als berechtigt anerkannt worden. Hotelier (...) in Bad Reichenhall hatte den Hoteldiener (...) für die Saison 1913 in Dienst gestellt, lediglich gegen freie Verpflegung.


Für den Rest war er auf die Trinkgelder angewiesen, er mußte sogar noch 30 Mark davon monatlich an den 2. Hausmeister abliefern. (...) durfte vor Schluß der Saison nicht kündigen, während der Hotelier sich das Recht sofortiger Entlassung vorbehielt, wenn der Hausdiener fahrlässig handelt oder Klage verursacht.

Bereits im Juni wurde (...) entlassen. Er klagte auf Entschädigung wegen unberechtigter Entlassung mit dem Erfolge, daß das Amtsgericht Reichenhall seinen Anspruch anerkannte. Der Hotelier legte Berufung zum Landgericht Traunstein ein mit der Begründung, daß (...) ohne sein Wissen in den Zimmern des Hotels eigenmächtig eine vom Kurverein herausgegebene Zimmerordnung anschlug, in welcher er den Trinkgeldtarif ausfüllte unter Beifügung des Stempels des Hoteliers. Die Entlassung des Hoteldieners erfolgte ferner, weil er am Bahnhof von zwei Hotelgästen das Trinkgeld forderte, sodaß es zu einer peinlichen Szene kam.

Auch das Landgericht Traunstein erkannte den Anspruch des Dieners als zu Recht bestehend an; die Berufung des Hoteliers wurde abgewiesen. Das Gericht erachtete die von (...) eingesetzten Trinkgeldsätze als allgemein üblich, auch in seiner Eigenmächtigkeit erblickte es keinen besonderen Verstoß, weil diese Zimmerordnung in Reichenhall nicht selten angeschlagen wird. Die Trinkgeldforderung am Bahnhof könne dem Diener angesichts aller Verhältnisse nicht übel genommen werden. (...)