Die Petition zum Erhalt des Alten Bahnhofs liegt schon seit einiger Zeit beim Ausschuss für Wissenschaft und Kunst im Bayerischen Landtag. Vor einer Entscheidung will der Ausschuss aber eine Ortsbesichtigung durchführen, die bislang Pandemie-bedingt nicht zustande kam. Dem Heimatkundeverein geht es darum, dass auch die östlich angebaute ehemalige Wartehalle erhalten bleibt, die laut aktuellen Plänen abgerissen werden soll.
Nun hat der Heimatkundeverein seine Petition noch einmal erweitert oder, wie es der Verein selbst nennt, »geschärft«. Der Vorstand fordert, dass auch die Sichtachse zwischen dem Alten Bahnhof und dem Verwaltungsgebäude der Schifffahrt Königssee erhalten wird. Die wenigen historischen Gebäude am Königssee dürften nicht zwischen großen Neubauten verschwinden, sondern bräuchten Platz, um ihre architektonische Wirkung zu entfalten, heißt es in der Petition. Das betreffe insbesondere die seit mehr als 100 Jahren bestehende Sichtachse zwischen dem Alten Bahnhof Königssee und dem Verwaltungsgebäude der Königssee-Schifffahrt. Beide Gebäude entstanden nach Angaben des Heimatkundevereins nahezu zeitgleich Anfang des 20. Jahrhunderts jeweils mit Walmdächern und im Heimatstil. »Sie repräsentieren die Geschichte des Tourismus im Berchtesgadener Land wie kaum andere Bauwerke«, so der Wortlaut in der Petition. Der Verein hält es für notwendig, dass die bislang auf der Wiese geplanten Gebäude einen größeren Abstand zu den denkmalgeschützten Gebäuden einhalten.
Bestätigt sieht sich der Heimatkundeverein in seiner Forderung auch durch einen Beschluss des Gemeinderats vor knapp 50 Jahren, die Wiese beim Alten Bahnhof Königssee nicht zu bebauen. Außerdem verweist der Vereinsvorstand auf ein Interview mit dem damaligen Königsseer Bürgermeister Georg Eder, das man bei Recherchen im Zeitungsarchiv gefunden hatte. Darin bekräftigte Eder, dass man endlich etwas am »unattraktiven Außenherum« am Königssee ändern könne. Denn immerhin war es der Gemeinde Anfang der 1970er Jahre tatsächlich gelungen, den Bahnhof samt Grundstück zu erwerben. Die Gemeinde war äußerst froh darüber, denn die Konkurrenz war groß. Schon damals gab es viele Interessenten, die höhere Summen boten, als der Gemeindesäckel hergab, und die das Gelände wirtschaftlich nutzen wollten. Bürgermeister Eder hatte anderes im Sinne: »Die Gemeinde denkt selbstverständlich an keinerlei kommerzielle Nutzung, sondern allein an die Erhaltung der Landschaft.« Dies sei eine der wichtigsten kommunalen Aufgaben, »in einer Zeit, wo viel zu viel verbaut wird, der Urlauber aber immer mehr nach Natur verlangt«. Das 10 000 Quadratmeter große Gelände sollte eine Grünanlage mit Ruhebänken und Kinderspielplatz werden. Finanzielle Hilfe kam vom Staat, denn es sei eine nationale Aufgabe »Deutschlands schönsten See« vom Makel eines Rummelplatzes zu befreien, wie Eder 1974 hervorhob.
»Anstatt den letzten unbebauten Flecken am Königssee zwischen Parkplatz und Seelände zu bewahren, wurde das Gelände Ende 2019 an einen Investor verkauft. Dessen Hotelprojekt beinhaltet unter anderem die Bebauung des Areals, das eigentlich für Erholungszwecke gedacht war«, schreibt der Heimatkundeverein Berchtesgaden nun auf seiner Homepage. Und 1. Vorsitzender Dr. Mathias Irlinger betont: »Wir sind nicht gegen das Hotelprojekt, sondern für mehr Respekt gegenüber historischen Denkmälern. Wir wollen also nicht verhindern, sondern bewahren.«
Ulli Kastner