Es war der Wunsch des Bürgers: Mit 51,91 zu 48,09 Prozent hatte die Mehrheit der Bischofswieser beim Bürgerentscheid im Zuge der Neuplanung eines Bürgerzentrums für einen Rathausabriss gestimmt. Im Sommer zog die Rathausverwaltung interimsweise ins frühere Biologische Kurhotel, seitdem stand das Alte Rathaus leer.
Bereits vor zwei Wochen hatte die Ainringer Spezialfirma NA im Alten Rathaus mit den vorbereitenden Innenarbeiten begonnen. Belastete Stoffe wurden ausgebaut und entsprechend entsorgt. Die historische Eingangstür hat Bürgermeister Thomas Weber sichern lassen. Er will sie später an geeigneter Stelle ins neue Bürgerzentrum integrieren. Auch die Marmorsteine der ins Auge stechenden Eingangstreppe hat man vorab entnehmen lassen.
Nun steht Bernhard Heitauer neben dem bröckelnden Gebäude und sieht zu, wie der Greifarm des Baggers nach und nach die Holzbalken aus der Walmdachkonstruktion entfernt. In der südlich gelegenen Dachfläche klafft bereits ein großes Loch, mit lautem Geschepper stürzen einige Quadratmeter Ziegel zu Boden. Heitauer zeigt mit dem Finger nach oben. »Im 1. und 2. Stock waren früher Wohnungen. Die Gemeindeverwaltung belegte bis in die Siebziger Jahre nur das Erdgeschoß.« Und weil der Platzbedarf für die Verwaltung sicher auch in den nächsten Jahren noch steigen wird, plädiert der Bischofswieser Lokalpolitiker und Unternehmer dafür, das neue Bürgerzentrum von Anfang an ausreichend groß zu planen.
»Das hier war unser Revier«, erzählt Heitauer weiter und blickt um sich. Die Familie Heitauer hat nur wenige Meter weiter gewohnt, der Vater war ganz in der Nähe Bauhofleiter. »Als Buben sind wir deshalb im Alten Rathaus ein und aus gegangen«. Über der Verwaltung wohnte beispielsweise der Schulhausmeister Michael Irlinger, der auch für das regelmäßige Aufziehen der Kirchturmuhr zuständig war. »Dabei haben wir manchmal geholfen. Dafür haben wir dann bei ihm Tee und Lebkuchen bekommen«, erinnert sich Bernhard Heitauer.
»Mit tut der Abriss des Gebäudes schon leid, aber es geht nicht anders, es muss sein«, sagt der Bischofswieser. Viele Varianten für den Bau eines Bürgerzentrums waren in den letzten Jahren durchgespielt worden, so manche Sanierungsvariante für das Gebäude kam ins Gespräch. Am Ende war die Mehrheit der Bürger – und wohl auch der Kommunalpolitiker – der Ansicht, dass eine Sanierung mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist.
Am nächsten Holzbalken, den der Bagger vom Dach herunterholt, heftet ein großes Stück Dachpappe. Heitauers Mitarbeiter nehmen es ab und werfen es auf einen gesonderten Haufen. Das Isoliermaterial kommt in einen großen Sack. »Wie beim Hotel Geiger, so muss auch hier alles getrennt werden«, weiß Bernhard Heitauer. Der Bauschutt wird später abgefahren, die Grube mit unbelastetem Material verfüllt.
»Ende nächster Woche sollte das Haus Geschichte sein«, vermutet Heitauer. Wichtig ist ihm aber vor allem, dass bis Montag der obere Gebäudeteil abgetragen ist. »Da beginnt ja wieder die Schule und die Kinder werden sicherlich neugierig am Bauzaun stehen«, erklärt der Unternehmer. Er will alle Risiken ausschließen und sicherstellen, dass kein Material über den Zaun fällt.
Zumindest eine Baustelle wird dann in Bischofswiesen erst einmal abgeschlossen sein, die nächste mit dem Bau der Mittelschule wird aber nicht lange auf sich warten lassen. Erst wenn dieses Projekt realisiert ist, kommt das neue Bürgerzentrum dran. Heitauer vermutet, dass bis dahin mindestens drei Jahre vergehen werden. Ulli Kastner