Der prestigeträchtige Wettkampf geht über 100,2 Meilen mit rund 5500 Höhenmetern durch die Sierra Nevada in Kalifornien. Der Lauf beginnt im Olympic Valley und endet in Auburn. Die Strecke führt unter anderem über das Hochland des Emigrant Pass, die Granite Chief Wilderness, durch den Tahoes National Forest und über historische Pfade, zudem ist eine Überquerung des eiskalten »Middle Fork of the American River« nötig.
Der Sieg in diesem Jahr ging in beeindruckenden 14:11 Stunden an den US-Amerikaner Caleb Olson, gefolgt von Chris Myers (14:17:39 Stunden) und Kilian Jornet (14:19:22). Den Streckenrekord hält weiter Jim Walmsley in 14:09:28 Stunden, er stellte diesen im Jahr 2019 auf. Namberger benötigte für die Strecke 16:59:33. »Es war eine brutale Erfahrung«, betonte der 36-Jährige im Gespräch mit unserer Sportredaktion und ergänzte: »Ich bin damit zufrieden, denn es ist nicht immer selbstverständlich, dass man ins Ziel kommt.«
Namberger machte vor allem die extreme Hitze zu schaffen. »Die ist drüben ganz anders wie bei uns«, sagte der Bundespolizist, der sich ständig mit Wasser und Eis kühlte. »Und bei 40 Grad Sport machen auf höchstem Niveau, das haut rein.« Die zweite Schwierigkeit war: »Es waren auch völlig andere Voraussetzungen wie in Europa: Das ist fast alles laufbares Gelände, es gibt keine steilen Anstiege. Die Amerikaner sind dafür gemacht, aber für uns Europäer ist das eine Herausforderung.«
Dennoch riskierte Namberger gleich am Anfang des Rennens richtig viel und attackierte. Der erfahrene Ultra-Trailrunner des Teams Dynafit lag aussichtsreich im Rennen, immer so um Platz zehn und mit Kontakt zur Spitze. »Ich bin die ersten 50 km super im Rennen gewesen, da lief es perfekt«, blickte er zurück. Aber mit steigender Hitze haben die Probleme begonnen – und sie wurden immer mehr. Ein erstes richtiges Tief hatte er bei km 100. Gut war, dass ab diesem Zeitpunkt sogenannte »Pacer« an Nambergers Seite laufen durften. »Sie sind zur mentalen Unterstützung da.« Sie dürfen den Teilnehmern aber nichts abnehmen oder an Verpflegung geben. Diese gab's für Namberger nur, wenn er seine Crew traf. »Insgesamt war das im Rennen sechsmal der Fall.« Zudem gab es entlang der Strecke auch immer wieder Wasserstellen, an denen sich die Starter kühlen konnten.
»Bei 130 km war der Ofen bei mir dann endgültig aus«, gestand er. »Die restlichen 30 km habe ich mich regelrecht ins Ziel geschleppt.« Und das sei gar nicht so einfach, wenn man nicht mehr könne. »Ich war überhitzt und völlig ausgebrannt, denn die Hitze nimmt einen noch zusätzlich die Energiekörner.« Aber bei so einem prestigeträchtigen Rennen versuche man eben alles, um eben doch ins Ziel zu kommen – und so kämpfte Hannes Namberger weiter bis zum Schluss. »So ein Finish ist ganz viel wert.« Deutlich wird das auch, wenn man ein wenig die Hintergründe des WSER kennt. Das Rennen ist limitiert, die Startplätze, (in diesem Jahr kamen von 369 Startern 285 ins Ziel) werden über eine Lotterie oder über sogenannnte »Golden Tickets« vergeben. Viele Läufer warten jahrelang auf einen Startplatz. »Sogar für die Helfer gibt es eine Warteliste«, erzählte Namberger, der erst in diesem Frühjahr beim Canyon by UTMB 100k in den USA – dort wurde er Dritter – das »Golden Ticket« für den WSER bekam. Für Hannes Namberger erfüllte sich damit »ein Traum«, wie er damals sagte.
Der Ruhpoldinger zeigte sich auch begeistert von der Stimmung an der Strecke. »Auch diese ist anders wie in Europa, es sind aber sehr viele herzliche Leute an der Strecke. Die Atmosphäre habe ich ein bisschen einfangen können. Am Ende habe ich viel gelernt, viel probiert und ganz viele neue Erfahrungen mitnehmen dürfen.«
Ob er sich der Herausforderung WSER noch einmal stellen wird, konnte Namberger noch nicht sagen. »Im Moment eher nicht, aber vielleicht mache ich es mal wieder.«
Zweieinhalb Wochen war er nun in den USA. Nun ist er zurück bei seiner Familie und genießt die Zeit mit seiner Ehefrau Ida und Sohn Toni. »Die nächsten zwei Wochen mache ich jetzt gar nichts«, lachte er. Dann beginnt für ihn aber bereits die Vorbereitung auf das nächste Highlight in diesem Jahr: Hannes Namberger wird im Oktober noch beim 100-Meilen-Rennen auf Le Reunion, ein französisches Übersee-Département im Indischen Ozean, starten. Beim Grand Raid Reunion, auch »La Diagonale des Fous« genannt, sind auf den 100 Meilen durch eine traumhafte Vulkanlandschaft und durch den Regenwald rund 9600 Höhenmeter zu bewältigen. Vor allem auch klimatisch ist der Wettkampf erneut eine Herausforderung – aber da konnte Hannes Namberger beim Western States Endurance Run jetzt ja schon genug Erfahrungen sammeln.
Ganz viel Pech hatte hingegen die zweite Dynafit-Starterin beim WSER: Rosanna Buchauer aus Inzell lag aussichtsreich im Rennen, doch sie musste bei Kilometer 40 aufgrund massiver Magenprobleme aussteigen. »Das war nicht mein Tag«, betonte die 35-Jährige, die in diesem Jahr schon Zweite beim Chianti Ultratrail über 73 km geworden ist. Der Western States Endurance Run sollte ihr erstes 100-Meilen-Rennen werden, darauf bereitete sich monatelang akribisch vor – letztlich spielte ihr Körper aber nicht mit. »Ich hoffe, die Saison bringt noch andere Ergebnisse«, blickte sie bereits schon wieder zuversichtlich nach vorne. Der Sieg bei den Frauen ging an die Amerikanerin Abby Hall in 16:37 Stunden. SB