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Theodora und Ludwig Kraus waren bei den Olympischen Sommerspielen 1972 in München als BRK-Helfer im Einsatz. Erkennungsausweis und Erinnerungsmedaillen an die Spiele bewahren sie noch heute auf. (Foto: Oberkandler)

Rot-Kreuz-Helfer aus Traunstein bei den Olympischen Spielen 1972 im Einsatz

Die Olympischen Sommerspiele 1972 in München hätten ohne ein riesiges Heer an Freiwilligen niemals stattfinden können. Tausende Menschen arbeiteten im Hintergrund, damit München für die Jugend der Welt ein Gastgeber wurde, den sie immer in guter Erinnerung behalten würden.


Rund 10.000 junge Menschen aus fast allen Ländern der Erde waren zu Gast in München. Sie mussten untergebracht und versorgt werden. Dafür sorgten neben anderen ein paar hundert Freiwillige des Roten Kreuzes, darunter auch Mitglieder der BRK-Ortsverbände Traunstein, Trostberg und Traunreut. Eine, die sich noch gut an die Wochen der Spiele erinnert, ist Theodora Kraus aus Langmoos, einem Weiler zwischen Waging und Traunstein.

Zusammen mit ihrem Mann Ludwig war sie fünf Wochen in München und vor allem bei der Essensausgabe eingesetzt. Sie arbeiteten im sogenannten Großverpflegungszentrum in der Von-Stetten-Kaserne im Bereich des heutigen Ackermannbogens. Die Kaserne wurde 1995 abgerissen und es wurde ein Wohnquartier an ihrer Stelle errichtet. Die Sportanlagen auf dem Kasernengelände wurden 1972 auch als Trainingsstätte von den Teilnehmern der Spiele genutzt.

Schon eine Woche vor Beginn der Spiele fuhren die Rot-Kreuz-Helfer aus der Region mit ihren Privatautos an den Einsatzort, an dem sie fünf lange Wochen verbrachten. Zelte mussten aufgebaut, die Feldküchen hergerichtet und alle möglichen weiteren Vorbereitungen getroffen werden, um den 10.000 Jugendlichen ein guter Gastgeber zu sein. »Nach den Spielen mussten wir alles wieder zusammenräumen und kamen erst am 17. September wieder heim«, sagt Theodora Kraus rückblickend.

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Die BRK-Helfer bei den Spielen in München wussten vor ihrem Einsatz nicht, welche Aufgaben sie übernehmen mussten. Das Ehepaar Kraus aus Langmoos hatte Glück: Ludwig Kraus war an der Einlasskontrolle der Kaserne und seine Frau bei der Essensausgabe. Nur an einem Tag wurde sie zum Kartoffelschälen abkommandiert.

Einmal war sie zum Kartoffelschälen abkommandiert, eine eintönige Arbeit angesichts der Mengen, die man für mehrere tausend Portionen Essen benötigt. Ihr Mann Ludwig hatte einen weniger anstrengenden Job: Er war dem Kontrollpersonal am Eingang der Kaserne zugeordnet. Was stand auf dem Speiseplan für die Gäste?, wollen wir bei einem Besuch dieser Tage in Langmoos von der 85-Jährigen wissen. »Putenkeulen gab’s dauernd«, sagt sie wie aus der Pistole geschossen. Erinnern kann sie sich auch noch an das Linsengemüse, das mit einer großen Bockwurst serviert wurde. Die Rotkreuzler in der Kaserne versorgten nicht nur junge Leute, sondern auch Ärzte und Sanitäter, die hier untergebracht waren. Eines Tages, so erinnert sich Theodroa Kraus, habe sich einer der Ärzte beschwert, dass es kein Obst gebe. Schon am nächsten Tag wurden kistenweise Pfirsiche angeliefert und an sie ausgegeben.

Eines Tages bekamen die Helfer Besuch von der damaligen Bundesgesundheitsministerin Käte Strobel, die aus Nürnberg stammte. Die nahm sich viel Zeit für die Rot-Kreuz-Brigade und sprach auch mit den Freiwilligen aus dem Chiemgau. Als Theodora Kraus ihr sagte, sie komme aus Traunstein, habe die Ministerin sinngemäß geantwortet: »Sie kommen aber aus einer vornehmen Gegend.« Das habe sie damals schon sehr gewundert, dass Traunstein in der Bundeshauptstadt Bonn als vornehme Gegend galt. Übernachtet haben die Helfer in der Moritz-von-Schwind-Schule.

Die Unterkunft war eher spartanisch, »aber wir sind mit allem zufrieden gewesen«, sagt die damalige BRK-Helferin rückblickend. Die fünf Wochen seien jedenfalls wie im Flug vergangen. Jeder Helfer bekam pro Tag 25 Mark, was damals ein anständiges Taschengeld war. Zur Erinnerung bekamen sie Plaketten und Medaillen, die Ministerpräsident Alfons Goppel persönlich überreichte, der damals auch Präsident des Bayerischen Roten Kreuzes war. Theodora und Ludwig Kraus, die im vergangenen Monat Eiserne Hochzeit (65 Jahre verheiratet) gefeiert haben, bewahren sie noch heute auf.

Nur einmal fuhr Theodora Kraus mit dem Zug über Nacht heim in den Chiemgau zu ihren beiden 10 und 14 Jahre alten Kindern, die in dieser Zeit von der Oma betreut und versorgt wurden. Die Heimfahrt war am Tag des Attentats. Erst am nächsten Vormittag, als sie mit dem Zug zurück nach München fuhr, erfuhr sie in der Kaserne von dem schrecklichen Terroranschlag. »Die Heiterkeit war weg, aber wir mussten weiter Dienst tun«, sagt sie heute.

-K.O.-