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Heli Punzenberger und Herb Berger begeisterten ihr Teisendorfer Publikum. (Foto: Veronika Mergenthal)

Urgesteine des Blues begeistern in Teisendorf

Trockener Humor, dazu bayerisch-österreichischer Blues und Jazz vom Feinsten und zwei Typen, die sich gesucht und gefunden haben: Einen erlebnisreichen Konzertabend verbrachte das Teisendorfer Publikum auf Einladung des Kulturvereins mit dem Blues-Urgestein Heli Punzenberger und seinem kongenialen Partner, dem Multiinstrumentalisten Herb Berger.


Bereits seit 25 Jahren treten die beiden gemeinsam auf. Der gebürtige Linzer Punzenberger hatte 30 Jahre an der Musikschule Trostberg Gitarre unterrichtet und wohnt in Traunstein; trotz seines stolzen Alters von 79 Jahren sprüht er vor Lust am Musizieren mit seinen diversen Gitarren – Frameless-, Akustik- oder E-Gitarre – und am Singen mit seiner rauen Charakterstimme.

Sein Begleiter ist am Saxophon ebenso versiert wie auf der Klarinette, am Klavier oder der chromatischen Mundharmonika. Elegant und mit Wiener-Salzburger Schmäh – passend zur Herkunft Bergers aus Salzburg und seinem jetzigen Wohnort Wien– stromerte das perfekt aufeinander eingespielte Gespann durch die verschiedensten Stilrichtungen.

Hymne auf »Route 66«

Von der lässig-entspannten »Route 66« – eine Hymne von Bobby Troup auf die legendäre US-amerikanische Fernstraße von Chicago nach Santa Monica/Los Angeles – ging es im Geiste ins neblige trostlose Trostberg, von wo sich Punzenberger des Öfteren an die Copacabana wünschte. So entstand »Brazil in Trostberg«, mit einem fantastischen Solo von Berger am ausdrucksstarken Tenorsaxophon. Weiter ging die musikalische Reise nach Wien mit zwei Kompositionen von Herb Berger zu Texten des Lyrikers Peter Ahorner in Wiener Dialekt.

Mit einer köstlichen Anekdote leiteten die Musiker zu diesem stilistisch ganz anderen Teil des Abends über. Peter Ahorner habe berichtet, dass er gerade ein Wiener Wörterbuch schreibe und es sei ihm gelungen, drei angebliche Alt-Wiener Ausdrücke hinein zu schmuggeln, die es gar nicht gibt. Zum Beispiel »Gnadl«, angeblich ein Getränk, das der Wirt jemandem spendiert, der kein Geld mehr hat. Das erste Ahorner-Lied war ein »Wiener Reggae« und erzählt unter dem Motto »So schee war's aa net« lakonisch von kleinen Pannen des Alltags, von der missglückten Einkehr in einem Gourmet-Tempel, wo es einen »Laubfrosch ohne Panade« gab, bis hin zu einer enttäuschenden Affäre, die fast an ein biologisches Wunder glauben ließ: »Nach zwei Monaten mit mir war sie schon im siebten Monat.«

Kurzer musikalischer Sprint nach Paris

Nach einem kurzen Sprint nach Paris mit einem Musette-Walzer – Herbs Klarinette und Helis Frameless-Gitarre bewegten sich irre virtuos und wandlungsfähig – zollten die Musiker mit »In vino veritas« mit einer weiteren Komposition Bergers zu einem Ahorner-Text dem Wein ihre Reverenz. Mit einem stilechten Requisit, einem Glas Rotwein, spielte Heli die Rolle des dem Wein verfallenen Trinkers wunderbar und kostete den Dialekt so richtig aus, mit Versen wie »Da Wein macht kane Bresl, schdööt mei Guagl unta Schuzz, hüüft mia bei olle Schnesl...« Da ist der Weg nicht mehr weit bis zum bitteren Ende, »The Bitter End« von Herb Berger, der das Auditorium in ein US-Jazz-Lokal versetzte – mit langen Klagetönen von Punzenbergers E-Gitarre.

Für Auflockerung sorgte der Sieben-Achtel-Takt des tänzerischen »Katsiki in Nea Styra«, inspiriert von einer »privaten Arbeitssitzung« von Heli und Herbert in Griechenland und von den »Hey-Hey«-Rufen eines Ziegenhirten. Eigentlich habe er eine Stimme zwischen Tom Waits und Ray Charles haben wollen, verriet Heli Punzenberger schmunzelnd. Auch wenn das nicht geklappt habe, mache ihm das Singen doch noch recht viel Freude. Diese sprang über. Natürlich gab es auch was von Tom Waits (»San Diego Serenade«) und Ray Charles (»Halleluja And I Love Her So«).

»Ich spiel deine Kompositionen immer wahnsinnig gern, i hob irrsinnig lang braucht, bis i's kenna hob«, plauderte Heli aus dem Nähkästchen. »A La Minute« war ein solches Stück. Herbs virtuose chromatische Mundharmonika war in dem genau einminütigen Musette-Walzer der Titelheld. Auch »I Don't Know Why« von Chris Jones bekam mit dieser Mundharmonika einen besonderen Reiz. Ein Highlight war der lässige New-York-Groove in der Nummer »Keep On Walking«, die Heli nach der Begegnung mit einem »Homeless« schrieb – »bei uns hot ma gsagt ,Sandler'«.

»Runder« im Dezember

Mit Zugaben wie dem unverstärkt präsentierten Evergreen »Sweet Georgia Brown« bedankte sich das Duo für den langen Applaus. Zu seinem Achtzigsten tritt Heli Punzenberger übrigens mit großer Band und Streichern auf, am 4. Dezember im »Jazzit« in Salzburg und am 5. Dezember im Postsaal Trostberg.

Veronika Mergenthal