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Bei der Eröffnung der neuen Ausstellung im Heimathaus Traunstein »Wilhelm Boshart und sein Kreis« sprachen auch sein Urururneffe Professor Michael Boshart (links) und der Historiker Dr. Gerald Streitberg. (Foto: Giesen)

»Vor dem Vergessen bewahrt«

Über den Künstler Wilhelm Boshart, dessen 200. Geburtstag sich heuer jährt, war bisher wenig bekannt. Da die meisten seiner Bilder in Privatbesitz, verschollen sind oder in Archiven ruhen, konnte sich die Kunstwelt lange kein Urteil über ihn bilden. Ein Verdienst des Stadt- und Spielzeugmuseums Traunstein, der Stiftung Heimathaus und der Stadt Traunstein ist es nun, den lange zu Unrecht vergessenen Chiemseemaler wieder ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.


Bei der Vernissage im Stadt- und Spielzeugmuseum würdigten Oberbürgermeister Christian Kegel, Hans Helmberger, Vorsitzender der Stiftung Heimathaus, und Dr. Jürgen Eminger, Leiter des Stadt- und Spielzeugmuseums, besonders die Verdienste von Dr. Gerald Streitberg, dem es gelungen ist, die nur spärliche Faktenlage um Wilhelm Bosharts Leben und Werk in mühevoller, mehrjähriger Arbeit aufzuarbeiten und erstmals zu erfassen. Es entstand ein genauestens recherchierter 240-seitiger Katalog, reich bebildert, der sich mit Bosharts Biografie und seinem künstlerischen Umfeld auseinandersetzt.

Schon 2011 hatte Dr. Streitberg mit seinem Katalog zur Jubiläumsausstellung für den Maler Franz Xaver Wieninger der Stadt einen großen Dienst erwiesen, erinnerte der Oberbürgermeister. Die Bilder für diese Ausstellung stammen vom Auswärtigen Amt in Berlin, der Galerie Gailer und zum größten Teil von ungenannt bleibend wollenden privaten Leihgebern. »Ein Interesse an der Schönheit der Natur zu nehmen, ist jederzeit ein Kennzeichen einer guten Seele«, zitierte der Oberbürgermeister Immanuel Kant und freute sich so viele »gute Seelen« im Namen der Stadt Traunstein willkommen zu heißen. Er selbst versicherte mit »Seele, Leib und Amt« alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Schönheit des Vorbilds zu erhalten.

Einen kurzen Streifzug durch die Entwicklung der Landschaftsmalerei in Europa gab Dr. Jürgen Eminger in seiner Einführung zur Ausstellung. »Wenn heutzutage Erholungssuchende aus aller Welt den Reiz des Chiemgaus zu schätzen wissen, so ist dies nicht zuletzt das Verdienst der Künstler des 19. Jahrhunderts, so der Kunsthistoriker. Sie seien die ersten gewesen, die die land-schaftlichen Besonderheiten unserer Heimat im Bilde festhielten und damit – unbeabsichtigt – zu den Wegbereitern des modernen Tourismus wurden. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts rückte die Natur selbst in das Blickfeld künstlerischen Interesses.

Für den Chiemgau traf das in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts vor allem auf die um Max Haushofer begründete Künstlerkolonie Frauenwörth zu. Auch Wilhelm Boshart gehört zu dieser Generation der Maler in der Region, die man tatsächlich als »Chiemseemaler« bezeichnen kann. Wie die exzellenten, im Heimathaus ausgestellten Bilder von Wilhem Boshart augenfällig zeigen, weisen ihn seine zum Naturalismus und zu farbintensiven, romantischen Stimmungsbildern neigenden Werke als hervorragenden Vertreter der Münchner Schule aus.

Wie viele andere auch kam Wilhelm Boshart, am 16. März 1815 in München geboren, in den frühen 30er Jahren des 19. Jahrhunderts in den Chiemgau. Zuerst studierte er Pharmazie, gab aber das Studium bald auf und widmete sich nur noch der Malerei. Als künstlerische Vorbilder gelten für ihn Eduard Schleich der Ältere und Max Haushofer. Boshart starb am 31. August 1878 in Aisching, Gstadt, am Chiemsee.

Person des Malers im Verborgenen

Rund 100 Bilder von Wilhelm Boshart sind erhalten, davon überwiegend in Privatbesitz. Der Autor des Katalogs, Dr. Gerald Streitberg, sagte in seiner Rede, er habe die Lebensdaten des Malers und die Geschichte der Familie Boshart bis in die neueste Zeit weitgehend darstellen können, die Person des Malers sei dennoch fast gänzlich im Verborgenen geblieben. Die sei besonders unbefriedigend für einen Psychoanalytiker wie ihn. Der Grund seien die fehlenden autobiografischen Notizen oder Briefe des Künstlers. Auch kein einziges Foto oder Porträt von ihm aus späterer Zeit sei erhalten.

Auch der Urururneffe Wilhelm Bosharts, Professor Dr. Michael Boshart aus München, Genetik- und Zellbiologe, freute sich über die gelungene Ausstellung und die Forschungsarbeit von Dr. Gerald Streitberg. Das trage dazu bei, dass sein Vorfahre vor dem Vergessen bewahrt und seine schönen Bilder wieder mehr ins Licht der Öffentlichkeit gebracht werden.

Neben den etwa 10 ausgestellten Werken von Wilhelm Boshart zeigt das Heimathaus eine Reihe von erlesenen Gemälden aus seinem Umkreis oder seiner unmittelbaren Vorläufer, nämlich von Johann Georg von Dillis und seinem Bruder Cantius, von Max Haushofer, Eduard Schleich, Ernst Kaiser, Adolf Lier, Georg Heinrich Cola, Johann Felix von Schiller, Karl Raupp, Alfred Zimmermann oder Josef Wopfner. So kann sich der Besucher auf eine fiktive Chiemgau-Reise ins mittlere 19. Jahrhundert begeben – eine unglaublich schöne Landschaft wird sich auftun.

Die Ausstellung ist bis 13. September jeweils montags bis samstags von 10 bis 15 Uhr, sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet, von 10 bis 16 Uhr wie auch das Stadt- und Spielzeugmuseum Traunstein. Christiane Giesen