Boris Pistorius
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Verteidigungsminister Pistorius fordert die Union auf, sich an den vereinbarten Zeitplan zu halten. (Archivbild) Foto: Kay Nietfeld/DPA

Wehrdienstgesetz: Pistorius wirft Union Fahrlässigkeit vor

Berlin (dpa) - Eigentlich soll das neue Wehrdienstgesetz kommende Woche im Bundestag beraten werden. Doch die Unionsfraktion will das verschieben, sie fordert Nachbesserung. Der Verteidigungsminister ist sauer.


Verteidigungsminister Boris Pistorius übt scharfe Kritik an dem Vorstoß der Unionsfraktion, die Bundestagsberatungen über das neue Wehrdienstgesetz vorerst zu stoppen. »Das Verhalten der Unionsfraktion ist fahrlässig, weil es möglicherweise die Einführung des neuen Wehrdienstes und damit auch die Wiedereinführung der Wehrerfassung verzögert«, sagte der SPD-Politiker dem »Handelsblatt«. Er forderte den Regierungspartner auf, »am Zeitplan festzuhalten und sich so einzubringen, wie es das parlamentarische Verfahren vorsieht«.

Eigentlich soll das neue Gesetz für einen attraktiveren Wehrdienst am kommenden Donnerstag in erster Lesung im Bundestag beraten werden. Aus der Unionsfraktion hieß es jedoch am Freitag, die Beratungen sollten verschoben werden. Kritisiert wird unter anderem, dass das Gesetz nicht genau definiert, unter welchen Bedingungen die bisher geplante Freiwilligkeit beim Wehrdienst in eine neue Pflicht umgewandelt werden könnte.

Kommt es am Wochenende noch zu einer Einigung?

Pistorius argumentiert dagegen, im parlamentarischen Verfahren gebe es verschiedene Möglichkeiten, vom Gesetzentwurf abweichende Haltungen einzubringen – etwa durch Änderungsanträge. Auch die Anhörung von Sachverständigen diene genau dazu, Expertise von außen einzuholen, so dass kein Argument unberücksichtigt bleibe, so der Minister im »Handelsblatt«.

Derzeit steht die erste Lesung des sogenannten Wehrdienst-Modernisierungsgesetzes noch auf der Tagesordnung des Bundestags. Am Montag solle der Punkt dann aber dort verschwinden, hieß es am Freitag aus der Union. Eine Einigung übers Wochenende erscheine unwahrscheinlich. Als ganz ausgeschlossen gilt dies jedoch nicht – auch vor dem Kabinettsbeschluss hatte es Reibungen gegeben, Außenminister Johann Wadephul (CDU) zog seinen Vorbehalt jedoch kurzfristig wieder zurück.

Pistorius warnt vor Schaden für Ansehen der Bundesregierung

Nach den jüngsten Verletzungen des Nato-Luftraums durch russische Drohnen und Flugzeuge hatte die Debatte zuletzt wieder Fahrt aufgenommen. Wadephul bekräftigte seine Forderung nach umgehender Wiedereinführung der Wehrpflicht, auch Unionsfraktionschef Jens Spahn vertrat die Ansicht, »dass wir beim Wehrdienst deutlich ambitionierter sein müssen«.

Pistorius kritisierte, die erste Lesung des Gesetzentwurfs mit Verweis auf die Luftraumvorfälle zeitlich zu verschieben, zeige die Widersprüchlichkeit des Vorgehens der Union. »Was Drohnenüberflüge mit dem Wehrdienst zu tun haben sollen, bleibt das Geheimnis der Unionsvertreter.« Damit schade die Union auch dem Ansehen der Regierung, anstatt Vertrauen aufzubauen.

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