Der Mensch scheint tatsächlich weitgehend ein Gewohnheitstier zu sein - so das Resultat einer Studie. Demnach liegen den meisten menschlichen Handlungen im Alltag keine bewussten Entscheidungen zugrunde, sondern Routinen. Das berichtet ein internationales Forschungsteam in der Fachzeitschrift »Psychology & Health«.
Die Forschenden befragten 105 Teilnehmer aus Großbritannien und Australien über eine Woche hinweg sechsmal täglich per Smartphone, was sie gerade machten und warum. Die Auswertung ergab, dass 65 Prozent der beschriebenen Tätigkeiten auf Gewohnheiten basierten – also automatisch abliefen, ohne dass eine bewusste Entscheidung getroffen wurde.
Gewohnheiten oft an Ziele geknüpft
»Unsere Forschung zeigt, dass Menschen zwar bewusst etwas tun wollen, die eigentliche Einleitung und Ausführung dieses Verhaltens jedoch oft ohne Nachdenken erfolgt und von unbewussten Gewohnheiten getrieben wird«, wird Studienautor Benjamin Gardner von der britischen University of Surrey in einer Mitteilung seiner Hochschule zitiert. Besonders deutlich war der Einfluss von Routine bei Verhaltensweisen, die sehr häufig auftraten.
Rund 46 Prozent der Handlungen waren der Studie zufolge zwar durch Gewohnheit angestoßen, standen aber zudem auch im Einklang mit bewussten Absichten. Menschen neigen demnach dazu, Gewohnheiten zu entwickeln, die ihre Ziele unterstützen, und alte Muster aufzugeben, die in Widerspruch dazu stehen. »Gute« Gewohnheiten könnten somit ein wirksames Mittel sein, um gewünschte Ziele zu verwirklichen, erläutert der Psychologe Gardner.
Welche Schlüsse kann man aus der Forschung ziehen?
Die Erkenntnisse könnten nach Ansicht der Forscher wichtige Auswirkungen etwa auf die Gesundheitsförderung haben. Wer beispielsweise mehr Sport machen oder sich gesünder ernähren möchte, sollte nicht nur auf Motivation setzen, sondern vor allem auch darauf, entsprechende Routinen im Alltag aufzubauen. So könne es etwa hilfreich sein, Sport regelmäßig mit bestimmten Tageszeiten oder einer bestimmten Alltagssituation wie etwa dem Feierabend zu verknüpfen.
Umgekehrt sei es bei schlechten Angewohnheiten, betont das Team: Beim Rauchen zeige sich beispielsweise, dass bloßer Wille oft nicht genüge. Wirksamer sei es, gewohnheitsmäßige Auslöser zu meiden – etwa Orte, an denen früher geraucht wurde – und stattdessen neue Routinen zu schaffen, etwa nach dem Essen Kaugummi zu kauen.
»Leute denken gerne, dass sie Entscheidungen rational treffen, nachdem sie vorher sorgfältig darüber nachgedacht haben«, sagt Erstautorin Amanda Rebar von der University of South Carolina. »Aber stattdessen basiert viel von unserem sich wiederholenden Verhalten auf minimalem Vorausdenken und erfolgt automatisch, durch Gewohnheit.«
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