Die World Games sind das weltweit größte Multisportfestival für Sportarten, die (noch) nicht Teil der Olympischen Spiele sind, darunter auch Ju-Jutsu. Die 12. World Games wurden in Chengdu (China) ausgetragen. Für die Ju-Jutsukas sind die World Games (zusammen mit den World Combat Games) das wichtigste und bedeutendste Turnier.
Für die Kampfsportler ging es im Jianyang Cultural and Sports Centre Gymnasium in Jianyang – einem Bezirk von Chengdu – zur Sache. Insgesamt wurden 19 Entscheidungen in den Kategorien Fighting, Ne-Waza und Duo ausgetragen – erstmals auch mit Para-Disziplinen. Hier treten entweder zwei Para-Athleten gemeinsam oder ein Para-Athlet mit einem nicht-beeinträchtigten Athleten an.
Im Ju-Jutsu dürfen bei den World Games jeweils nur die vier bestplatzierten Aktiven der Weltrangliste teilnehmen, welche sich über zwei Jahre dafür qualifizieren mussten. Hinzu kommen zwei weitere Sportler, welche vom Weltverband eine Wildcard erhalten.
Bemerkenswert ist, dass fast das gesamte World-Games-Team des Deutschen Ju-Jutsu-Verbands (DJJV) aus Bayern besetzt wurde. Der DJJV sicherte sich mit zwei Gold-, einer Silber- und einer Bronzemedaille den dritten Platz in der Nationenwertung (Ju-Jutsu) und hatte erheblichen Anteil am zweiten Platz im allgemeinen Medaillenspiegel.
Sophie Büscher setzte sich in der Vorrunde der Klasse Fighting Women -57 kg gegen Yacqueline Arosemena (Panama) mit einem vorzeitigen Full-Ippon Sieg (technische Überlegenheit) direkt ein klares Zeichen. Im zweiten Vorrundenkampf wartete die Mitfavoritinnen Rebecca Dahl (Dänemark), die sich offensichtlich besonders auf Büschers Kampfstil vorbereitet hatte.
Doch Büscher zeigte sich selbstbewusst und ruhig. Trotz Punkterückstands konnte sie sich nervenstark in letzter Sekunde in die Verlängerung retten. In dieser präsentierte sich Büscher aber um eine Nuance stärker als die Dänin und setzte sich knapp mit 20:18 durch.
Im anschließenden Halbfinale hatte die Schwedin Klara Mattsson trotz aller Versuche keine Chance, auf Büschers Niveau mitzuhalten, womit Büscher souverän mit 11:4 in das Finale einzog. Büschers Ruhe und Geduld sowie das Selbstbewusstsein in den entscheidenden Momenten, gepaart mit ihrer technischen Flexibilität und Explosivität bei den Schlag- und Tritttechniken, sollten an diesem Tag den Unterschied machen.
Das zeigte sich auch im Finale, in welchem wieder die Dänin Rebecca Dahl wartete. Mit ein paar taktischen Umstellungen zeigte Büscher von Beginn an ihr volles Potenzial. Sie ging deutlich in Führung und ließ ihre Kontrahentin nicht ansatzweise in Schlagdistanz kommen. Schließlich sicherte sich Büscher mit einem deutlichen 18:6-Sieg die Goldmedaille. Ihr Landestrainer, TSV-Abteilungsleiter und Heimtrainer Lukas Bombik ist sich sicher: »Das war eine beeindruckende Leistung«, lobte er die 24-Jährigen. »Mit ihrer jahrelangen und harten Arbeit und ihrer Konsequenz hat Sophie Büscher bewiesen, was man mit Fleiß, absolutem Willen und dem Glauben an sich selbst erreichen kann. Auf und neben der Matte ist Sophie einfach ein Vorbild für die Jugend – als Athletin, Trainerin und ebenso als Mensch.”
Ebenfalls erfolgreich war die Neu-Bergenerin Julia Paszkiewicz. Sie trat als Partnerin und Betreuerin der sehbeeinträchtigten Nike Hünecke in der Klasse Para Visual an – und das Duo holte Gold. Nike Hünecke war ehemalige Spitzenathletin im Duo, ist aktuelle Bundestrainerin und seit Anfang des Jahres eenfalls Bergenerin. In der Visual-Klasse tragen die Athletinnen mit Sehbeeinträchtigung allesamt eine Augenmaske, um hier unabhängig vom Grad der Beeinträchtigung für Gleichberechtigung zu sorgen.
In der Vorrunde machten Hünecke/Paszkiewicz mit der mit Abstand höchsten Wertung gleich klar, dass der Weg zu Gold nur über sie führen würde. Ähnlich präsentierten sie sich auch im Halbfinale gegen die Rumänen Belean/Szanto.
Mit 151:111 Punkten wurde auch dieses gewonnen, womit einem hochklassigen Finale gegen das wurfstarke chinesische Paar Pan/Wang nichts im Weg stand. Erwartungsgemäß entwickelte sich ein knapper Kampf. Hünecke/Paszkiewicz überzeugten letztlich mit Präzision, viel Dynamik und starkem Ausdruck die Jury von ihren Techniken. Sie feierten somit einen knappen 149:143-Sieg und holten eine weitere Goldmedaille für das DJJV-Team. Mit einer hohen Intensität konnten Hünecke/Paszkiewicz ein beeindruckendes Zeichen für den Para-Sport im Deutschen Ju-Jutsu-Verband setzen.
Bundestrainer und DJJV-Präsident Roland Köhler zeigt sich über das Abschneiden des deutschen Teams zufrieden: »Alles in allem war es für den DJJV mit zwei Gold-, einer Silber- und einer Bronzemedaille ein durchaus erfolgreiches Turnier. Allerdings hätten wir in den anderen Disziplinen noch die ein oder andere Medaille bzw. bessere Platzierung erhofft.« fb