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Das ist der neue Stolz der Freiwilligen Feuerwehr Königssee. (Foto: Ulli Kastner)

»Von der Schuhschachtel in die Villa«

Schönau am Königssee – So zufrieden war man lange nicht mehr bei der Freiwilligen Feuerwehr Königssee. Nach Jahren der notdürftigen Unterbringung im Untergeschoss des ehemaligen Realschulgebäudes durfte man jetzt nur ein paar Meter weiter endlich in das neue, moderne Feuerwehrhaus einziehen, das die Gemeinde Schönau am Königssee für knapp 2,7 Millionen Euro errichten ließ. »Von der Schuhschachtel in die Villa«, hatte ein Feuerwehrmann vor Kurzem treffend den Umzug charakterisiert. Das neue Domizil der Königsseer Wehr wird nun am Samstag, 21. Mai, eingeweiht. Anschließend wird es für die Bevölkerung einen »Tag der offenen Tür« mit buntem Programm geben.


Für die Aktiven der Königsseer Wehr war es zuletzt nicht mehr lustig. Die Bedingungen im alten »Feuerwehrhaus«, das eigentlich nur aus einer Garage im Untergeschoss des ehemaligen Realschulgebäudes bestand, waren so grenzwertig, dass sogar der Gemeinde-Unfallversicherungsverband mehrmals Alarm schlug. Feuerwehr-Vorstand Franz Graßl sagt zwar, dass man sich »trotz allem noch wohl gefühlt hat«. Doch er weiß auch um die damalige Gefährdung der Aktiven, insbesondere bei Einsätzen. »Es war so eng, dass die Türen des Spindes am Fahrzeug angestanden sind«, erinnert er sich. Damit das Fahrzeug in die Garage passte, hatte man für die Leiter am Fahrzeugheck aus der Wand zehn Zentimeter ausgestemmt.

2,6 Millionen Euro

Von solchen Zuständen kann heute keine Rede mehr sein. »Wir haben jetzt ein funktionelles Feuerwehrhaus auf dem neuesten Stand«, sagt Graßl. Im Rahmen des vorgegebenen finanziellen Spielraums habe man »das Beste daraus gemacht«. Das »Beste« kostete nun insgesamt 2,6 Millionen Euro, woran sich der Freistaat über die Regierung von Oberbayern mit 217 000 Euro beteiligte. Platz für die beiden Vollgeschosse hat man durch Abgrabungen im dahinter gelegenen Hang geschaffen. Das Gebäude mit einer Nutzfläche von 911 Quadratmetern, einer überbauten Fläche von 550 Quadratmetern und einem Bruttorauminhalt von 4 880 Kubikmetern beinhaltet das komplette Raumprogramm, das eine Feuerwehr so braucht.

Im Alarmierungsfall betreten die Aktiven über den sogenannten Alarmeingang das Gebäude. Das dient der Sicherheit, weil es so keine Kollision mit bereits ausfahrenden Einsatzfahrzeugen geben kann. In der Umkleide gibt es 80 Spinde, alle versehen mit den Namen der Aktiven. Hier tauschen die Feuerwehrleute ihre Zivilkleidung gegen die Einsatzkleidung. Die aktiven Feuerwehrdamen – in Königssee sind es aktuell zwei – haben eine eigene, kleinere Umkleide mit nur sechs Spinden im hinteren Teil des Feuerwehrhauses.

Beim Betreten der Fahrzeughalle blicken die einsatzbereiten Wehrmänner und -frauen auf große Monitore. »Hier gibt es genaue Angaben über den bevorstehenden Einsatz«, sagt Andreas Kurz, der als langjähriger 1. Kommandant intensiv in die Planungsarbeiten für das neue Gebäude eingebunden war und sein Amt zum 1. Mai an Christian Schoner abgab. In der Fahrzeughalle stehen drei Einsatzfahrzeuge bereit: ein Staffellöschfahrzeug, ein Löschgruppenfahrzeug und ein Mehrzweckfahrzeug, das – so hofft die Feuerwehr – bei der Einweihung am 21. Mai durch einen neuen Allrad-VW-Bus ersetzt wird. Die Auspuffanlagen der Fahrzeuge sind über dicke Schläuche mit der Abgasabsaugung verbunden.

Besonders stolz sind die Feuerwehrleute auf die Einsatzzentrale, die mit ihren großen Glasscheiben in einer Ecke der Fahrzeughalle angesiedelt ist. Drei Arbeitsplätze inklusive Funkgeräten und PC mit Internetzugang stehen hier zur Verfügung. Hier können im Einsatzfall alle wichtigen Informationen gesammelt und weitergegeben werden. Man kommuniziert mit den Einsatzkräften und dem Einsatzstab, der vor allem bei größeren Einsätzen im gleich nebenan befindlichen Besprechungsraum präsent ist.

Schlauchpflegeanlage für beide Feuerwehren

Im hinteren Bereich des Erdgeschosses gibt es noch weitere Funktionsräume wie getrennte Duschbereiche für Männer und Frauen, einen Multifunktionsraum, die Gerätewartung und das Schnelleinsatzlager mit den in Körben bereitstehenden wichtigsten Geräten für die verschiedenen Einsatzarten. Da gibt es beispielsweise das Ölspurset, das Set mit den Tauchpumpen oder das Set mit den Motorsägen für Baumbeseitigungen. Die fünf Sätze Tauchpumpen inklusive Schläuchen hat im Übrigen der Förderverein der Feuerwehr Königssee spendiert. Die 10 000 Euro waren ein Geschenk zum Umzug in das neue Feuerwehrhaus.

Gleich dahinter, ebenfalls über ein seitliches Sektionaltor erreichbar, steht die moderne Schlauchpflegeanlage. Hier werden auch die Schläuche der Freiwilligen Feuerwehr Schönau gereinigt. Dafür übernehmen die Schönauer die Wartung der Atemschutzgeräte. Bei der Königsseer Wehr werden die Schläuche gereinigt, geprüft und abgedrückt. »Ein Mann schafft ungefähr sechs Schläuche pro Stunde«, weiß Florian Hallinger, der das Amt des 2. Kommandanten zum 1. Mai an Sebastian Punz abgegeben hat.

Der Aufzug ins Obergeschoss ist für die Feuerwehrler tabu. »Das ist ein reiner Lastenaufzug«, erklärt Franz Graßl. Behinderte allerdings dürfen ihn nutzen, damit ist das neue Feuerwehrhaus auch zu 100 Prozent behindertengerecht.

Stüberl in Eigenleistung eingerichtet

Im Obergeschoss sticht vor allem der neue, rund 90 Quadratmeter große Schulungsraum ins Auge. Wenn man die Schiebetüren zum benachbarten Stüberl hin öffnet, vergrößert sich die Fläche sogar auf 120 Quadratmeter. Ein Erste-Hilfe-Kurs hat hier schon stattgefunden, viele andere Schulungen werden folgen. Durch die großen Giebelfenster, die bis hinauf zur Akustikdecke reichen, geht der Blick hinüber zu Hirscheck und Söldenköpfl. Das Stüberl daneben ist von den Feuerwehrleuten komplett in Eigenleistung – mit Unterstützung einiger Firmen – eingerichtet worden. Feine Tische aus Esche, noch einmal aufgewertet durch uralte Thermoholz-Beine, stechen ins Auge. Das Tischbeinholz stammt aus einem alten Stadel in St. Bartholomä und ist fast 400 Jahre alt.

Auf der anderen Seite des Schulungsraums geht es direkt ins Kommandantenbüro. »Im alten Feuerwehrhaus habe ich all meine Unterlagen auf einem alten Holzbrett gelagert«, sagt der bisherige Kommandant Andreas Kurz. Sein Nachfolger Christian Schoner kann nun seine Unterlagen auch einmal auf dem Schreibtisch liegen lassen, ohne dass sie am nächsten Tag verschwunden sind.

Endlich einmal Platz

Weiter geht es beim Rundgang über den Serverraum zur Kleiderkammer und zum Lagerraum, über den sich besonders Schriftführerin Jenny Rasp freut. Denn hier ist endlich mal Platz für Ordner mit vereinsgeschichtlichen Unterlagen, für Uniformen und anderes Gewand sowie für die Feuerwehrfahne, die bald aus dem Rathaus ins neue Gebäude wechseln soll. Hinten gibt es noch ein großes Lager mit Ausrüstungsgegenständen, die man nicht sofort braucht. Ein Stapel Sandsäcke, einige Schaufeln und Besen gehören dazu. Auch zwei Waschmaschinen für die Privatwäsche stehen hier. »Ich frag mich nur, ob die männlichen Kollegen dieses Gerät überhaupt erkennen«, scherzt Schriftführerin Jenny Rasp.

Auf der Hangseite des Hauses gibt es noch einen Freisitz, der von hinten her auch über eine gepflasterte Zufahrt erreichbar ist. Die Pflasterarbeiten haben die Feuerwehrleute wie so viele andere Arbeiten am Feuerwehrhaus in Eigenregie erledigt. An Wochenenden, an den Abenden oder an freien Tagen – und unentgeltlich. 

Ulli Kastner