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Mit großem Interesse verfolgten die Teilnehmer der Führung Alfred Spiegel-Schmidts spannende Ausführungen. Foto: privat

Ausflug in die Vergangenheit

Berchtesgaden – Das Interesse an lebendiger Heimatkunde ist ungebrochen. So bot Alfred Spiegel-Schmidt für die Gruppe »Tee-nach-Sieben« auch in diesem Jahr wieder eine geschichtliche Führung an: Es ging dabei über den 1948 errichteten Bergfriedhof, um an verschiedenen Gräbern die Lebensgeschichte bekannter Menschen kennenzulernen, die früher im Berchtesgadener Talkessel gelebt und auch gewirkt hatten.


Treffpunkt war die Aussegnungshalle, die erst 1961 von Architekt Georg Zimmermann gebaut worden war und einen offenen Glockenturm besitzt. Spiegel-Schmidt begann seine interessanten Ausführungen am Salettl, dem letzten der vier steinernen Pavillons, die zum ehemaligen Schloss Lustheim gehörten. 1938 war es abgerissen worden, das an seiner Stelle geplante Parteiforum wurde durch den Kriegsausbruch allerdings nicht mehr gebaut. Heute finden sich im Salettl alte, aufgelassene Grabkreuze, wie etwa das des hervorragenden Bergführers Hellmuth Schuster.

Bei den Urnengräbern im Untergeschoss fiel vor allem die Inschrift von Elfriede Dörge auf, die an der früheren evangelischen Schule im jetzigen Rathaus Berchtesgaden unterrichtet hatte und zeit ihres Lebens eine Vorreiterin der Frauenbewegung war. Ihr Kampf galt der Anerkennung der Frau in der Kirche. Danach zeigte Spiegel-Schmidt verschiedene Gräber, die durch besonderen Schmuck auf sich aufmerksam machten: So etwa der wunderschöne Lebensbaum am Grab des Schnitzschuldirektors Max Karbacher, die Goldmedaille von Kathi Hölzl am Grabstein ihres Vaters und Trainers Sebastian, das schmiedeeiserne Grabkreuz von Prof. Dr. Rudolf Kriss, das beeindruckende Irlandkreuz am Schröer-Grab oder die Essler-Keramik am Grab der Schriftstellerin Erika Schwarz.

Viele spannende und beeindruckende Lebensgeschichten konnte Spiegel-Schmidt an anderen Stellen erzählen: Von Dr. Ottfried Nitschke zum Beispiel, dem ersten Prädikanten in Berchtesgaden, vom produktivsten Berchtesgadener Schriftsteller Dr. Manfred Feulner oder von Paul Schallweg, dem Verfasser der »Opern auf Bayrisch«. Eine besondere Persönlichkeit muss auch Dr. Johannes Stark gewesen sein, der 1919 den Nobelpreis für Physik erhalten hatte, sich aber seinen weiteren wissenschaftlichen Lebensweg verbaute, da er die neue Quantentheorie von Einstein vehement ablehnte. Auch Bergsteiger, die fern der Heimat ihr Leben lassen mussten, wie Ernst Robert Zauner im Karakorum oder Christa Eglauer in den Anden, fanden Beachtung.

Bekannte am Bergfriedhof begrabene Künstler waren etwa die Kunstmaler Professor Dr. Vietze, Adolf Brogle, Kurt Rittig, die Malerinnen Gertrud von Kunowski und Hertha Karasek oder der Freskenmaler Professor Gerhard Komossa. Doch Spiegel-Schmidt hatte auch die Vita von Menschen parat wie dem Unternehmer und ursprünglichen ARWA-Besitzer Hans Thierfelder, dem Sportfunktionär und »Vater« der Königsseer Kunsteisbahn Richard Hartmann oder der Rodellegenden Gertraut und Nepomuk Beer vom »Gasthof Vorderbrand«. Natürlich fehlten bei einer solchen Führung auch nicht die Gräber des ehemaligen SPD-Ministers Georg Leber, der Landräte Jacob, Rostock und Dr. Müller sowie der Bürgermeister Beer und Schwaiger sowie von Magda Schneider, der Mutter der Filmschauspielerin Romy Schneider.

Alfred Spiegel-Schmidt zeigte wieder einmal engagiert, wie viele interessante und auch über den Hallthurm hinaus bekannte Persönlichkeiten im Berchtesgadener Talkessel gelebt haben; aber auch, wie flüchtig menschlicher Ruhm ist, angesichts mancher verwahrloster Grabstätten. UKw