Herr Westhauser, wie haben Sie denn den heutigen Neujahrsempfang erlebt, der ja mehr oder weniger zu Ihren Ehren war?
Johann Westhauser: Das hat mich schon emotional wieder sehr stark berührt. Auf so einen Unfall war man ja nicht unbedingt scharf und es ist mir dabei nicht sehr gut gegangen.
Sie haben ja heute viele Ihrer Retter zum ersten Mal wieder getroffen. Wie waren denn die Reaktionen?
Westhauser: Man freut sich erst einmal, dass den anderen nichts passiert ist. Und wie ich es mitbekommen habe, freuen sich auch meine Retter, dass ich noch lebe und hier sein kann. Das ist ein schöner Beweis für Kameradschaft und Zusammenhalt.
Haben Sie noch Erinnerungen daran, wie es im Berg zu dem Unglück kam?
Westhauser: Nein, davon ist bei mir gar nichts hängen geblieben.
Ab wann setzt denn Ihre Erinnerung wieder ein?
Westhauser: Als ich wieder draußen war. Ansonsten kann ich nicht viel dazu sagen. Deshalb geht mir das alles so nahe, wenn ich jetzt höre, was alles passiert ist.
Ihre Retter haben ja Ihre mentale Stärke sehr gelobt. Sind Sie wirklich so ein psychisch stabiler Mensch?
Westhauser: Ich bin ein relativ ruhiger Mensch. Ich rege mich halt nicht so schnell über etwas auf. Der Berg und die Höhle sind ja für mich auch ein Teil meines Lebens. Das alles bedeutet mir sehr viel. Vor allem kann ich mit meiner Arbeit im Berg der Gesellschaft dienen. Beispielsweise habe ich für die LMU Lehmproben herausgebracht, die damit wissenschaftliche Untersuchungen durchführt. Die ganze Aktion hat also schon ihrem Sinn.
Einer, der Sie auf Ihrem Weg zurück ans Licht begleitet hat, war der Berchtesgadener Stephan Bauhofer. Haben Sie zu ihm eine besondere Beziehung entwickelt?
Westhauser: Weil wir räumlich weit voneinander entfernt leben, ist es halt schwierig, dass man sich öfter trifft. Aber es ist total schön, ihn heute hier zu sehen. Und ich hoffe, dass wir uns diesen Sommer öfters mal begegnen und zusammen etwas unternehmen können.
Sie haben sich mit öffentlichen Auftritten sehr zurückgehalten. Warum eigentlich?
Westhauser: Ich wollte zuerst einmal etwas Ruhe einkehren lassen. Ich musste ja erst wieder mit mir selber zurechtkommen, denn die ganze Aktion wirkt ja doch nach. So etwas steckt man nicht einfach weg.
Waren Sie nach Ihrer Genesung schon einmal wieder in einer Höhle oder vielleicht sogar im Riesending?
Westhauser: Nein, die Riesending-Höhle ist ja jetzt sowieso verschlossen.
Sie könnten als Höhlenforscher mit einer Erlaubnis aber wieder hinein.
Westhauser: Ja, aber da müsste ich funktionell erst einmal wieder richtig fit sein. Davon bin ich noch weit weg. Und wenn ich wieder mit dem Höhlenforschen beginne, dann erst einmal mit kleineren Sachen.
Sie wollen aber auf jeden Fall wieder in den Untersberg?
Westhauser: Ich habe es im Prinzip eigentlich vor, ja. Aber wie schnell es geht und was noch geht, das ist noch offen. Es wird sich zeigen.
Wie geht es Ihnen denn jetzt gesundheitlich?
Westhauser: Ich habe es soweit relativ gut überstanden. Ein paar kleinere Problemchen habe ich natürlich noch. Mal sehen, wie das jetzt wird. Man braucht einfach viel Zeit, um das zu verarbeiten.
In der Presse war oft die Bezeichnung »Hobbyforscher« zu lesen. Wie sehr ärgert Sie das?
Westhauser: Nun, Höhlenforscher ist ja im eigentlichen Sinn zumindest in Deutschland kein Beruf. Das machen halt hier einfach Leute, die Interesse daran haben, Zeit und Geld investieren. Das beginnt bei mir schon mit einer langen Anfahrt von Karlsruhe. Das macht man nicht eben mal schnell.
Was ist eigentlich die Faszination im Höhlenforschen?
Westhauser: Man weiß nie, was als Nächstes kommt. Man betritt völlig unbekannte Bereiche. Da spielt halt immer auch eine gewisse Neugier mit.
Wie war es denn, als Sie den Riesending-Eingang zum ersten Mal gesehen haben?
Westhauser: Ich war bei der Entdeckung selbst nicht dabei. Aber das war bei einer Oberflächenbegehung von Freunden. Sie sind aus der richtigen Richtung an den Eingang herangelaufen. Denn wenn man aus der anderen Richtung kommt, dann kann man fünf Meter daran vorbeilaufen und sieht die Höhle nicht. Das war also ein reiner Glücksfall. Wir haben da oben ja schon seit geraumer Zeit alles abgesucht in der Hoffnung, eine Höhle zu finden. Viele Sachen sind ohnehin schon nach ein paar Metern zu Ende.
Wie lange hat es denn gedauert, bis Ihnen die Dimensionen dieser Höhle bewusst geworden sind?
Westhauser: Nach dem Einstiegsschacht hatten wir hier das Glück, ziemlich schnell in die Tiefe zu kommen. Es hätte alles auch ganz schnell zu Ende sein können. Und so haben wir schon bald gemerkt, dass es gut weiter geht. Und da haben wir dann sehr viel Energie hineingesteckt, die Höhle systematisch zu erkunden. Das ist ja auch der Reiz an der Geschichte, dass man sieht, was im Berg passiert, und man immer wieder entdeckt, wo es weitergeht. Ulli Kastner