Der Rettungshunde-Verband Österreich (RHVÖ) hat die Staatsmeisterschaft für Lawinenhunde erstmals von 20. bis 21. Januar in St. Leonhard ausgetragen. 46 Rettungshunde-Teams aus fünf Ländern traten in drei Leistungsklassen gegeneinander an, in jeder Stufe mussten sie zwei Disziplinen absolvieren.
Carolin Scheiter und Luca starteten für die »Lawinen- und Vermisstensuchhundestaffel Salzburg« in der schwierigsten Klasse, der Stufe Lawine-B. Im ersten Teil der Prüfung mussten sie auf einem simulierten, über 12 000 Quadratmeter großen Lawinenfeld in maximal 30 Minuten drei im Schnee vergrabene Personen finden. Erst wenn ein »Verschütteter« zuverlässig lokalisiert war, durfte sich das Paar auf die Suche nach dem nächsten machen.
Luca zeigte sich in Top-Form und erschnüffelte alle Personen innerhalb weniger Minuten. Auch das Zusammenspiel mit Frauchen klappte super und so ließen sich die beiden auch von einer inszenierten Nachlawine nicht aus der Ruhe bringen. Durch Warnrufe wird hierbei angezeigt, dass sich das Rettungshundeteam wegen einer weiteren Lawine zum Sammelpunkt zurückziehen soll. Erst nach der Entwarnung dürfen Mensch und Hund wieder auf die Suche gehen. So prüft die Jury, ob der Hund auch in Notsituationen gehorcht.
Für Luca war all das an diesem Tag kein Problem und so schaffte die Flat Coated Retriever Hündin in der Nasenarbeit 200 von 200 möglichen Punkten. Auch für die slowenische Leistungsrichterin Jerneja Ternovec ein beeindruckendes Ergebnis: »Seit über zehn Jahren bin ich nun internationale Leistungsrichterin. Die Maximalpunktzahl von 200 Punkten habe ich bis heute noch nie vergeben. Es war eine Augenweide, diesem Team bei der Arbeit zuzusehen.«
Auch Scheiter war von ihrer Hündin begeistert: »Ich bin unendlich stolz auf meinen Hund. Luca wird heuer zehn Jahre alt und ich dachte wirklich nicht, dass wir beide im internationalen Vergleich noch so eine Spitzenleistung abrufen können.«
Ihre tolle Form konnten die beiden auch im zweiten Teil der Prüfung bewahren. In der »Unterordnung« wurde nochmals der Gehorsam der Hunde geprüft. Unter anderem mussten die Tiere unter Ablenkung ruhig liegen bleiben. »Bei minus zehn bis minus 20 Grad eine Challenge für den Hund«, wie Scheiter sagt. Außerdem sollten die Lawinenhunde auf einer Pistenraupe mitfahren und dem mit Tourenski vorangehenden Hundeführer in der Spur folgen. Mit 98 von 100 möglichen Punkten ließen Carolin Scheiter und Luca auch hier die Konkurrenz hinter sich. Platz zwei ging am Wochenende an Monja Raich aus Österreich mit ihrem Deutschen Schäferhund »Bandit«. Rolf Häusermann aus der Schweiz schaffte es mit seinem Belgischen Schäferhund »Düx« auf Platz drei.
Carolin Scheiter freut sich nach dem Erfolg im Pitztal über die tolle Leistung ihrer Hündin. »An diesem Wochenende hat einfach alles perfekt zusammengepasst. In Österreich gibt es viele sehr gute Lawinenhunde. Bei einem solchen Turnier liegt alles so eng beisammen, dass Kleinigkeiten über Sieg und Niederlage entscheiden. Natürlich gehört auch Glück dazu.«
Trotz des sportlichen Erfolgs haben Scheiter und ihre Hündin aber andere Prioritäten. »Unser Fokus liegt darauf, Menschenleben zu retten. Bisher ist uns das im Lawineneinsatz leider noch nicht gelungen. Das ist nach wie vor unser größtes Ziel, denn ein Menschenleben ist zehnmal wichtiger als ein Pokal.« Deshalb hat Carolin Scheiter mit Luca bereits als Welpe begonnen, für die Arbeit als Lawinenhund zu trainieren. Mit elf Wochen ist die mittlerweile neuneinhalb Jahre alte Hündin zum ersten Mal mit einem Hubschrauber geflogen. Mit zwei Jahren hatte sie ihre Ausbildung bereits abgeschlossen. »Luca ist zwar ein Zappelphilipp, aber sie ist auch sehr konzentriert und fokussiert«, so Scheiter über ihre Hündin.
Konzentriert müssen Hund und Hundeführer bei der Suche nach Verschütteten sein, denn nach dem Stillstand einer Lawine hat ein Überlebender nur etwa 15 Minuten lang eine realistische Chance, rechtzeitig gefunden zu werden. »Das Zeitfenster ist sehr eng. Deshalb wird man auch nicht sehr oft zu Lawineneinsätzen gerufen. Angefordert wird immer, wer am nächsten dran ist, denn es ist wichtig, schnell vor Ort zu sein.« Skitourengehern rät sie daher zu lernen, wie sie im Ernstfall selbst schnell helfen können. »Bis eine organisierte Suche startet, dauert es. Wir kommen leider auch oft zu spät«, so Scheiter.
Geübt wird mit den Lawinen- und Vermisstensuchhunden das ganze Jahr über. Bis zu 500 Stunden im Jahr wenden sie und Luca für die Hundestaffel auf, schätzt Scheiter. Ein aufwendiges und auch ein gefährliches Ehrenamt. »Nachlawinen, wie sie bei den Staatsmeisterschaften simuliert wurden, sind kein erfundenes Szenario«, nennt Scheiter als Beispiel und fügt hinzu: »Jeder Einsatz, den wir nicht haben, ist ein guter Einsatz.« Deshalb mahnt sie Skitourengeher zur Vorsicht im freien Gelände.
Für Luca macht es keinen Unterschied, ob Training, Wettkampf oder Ernstfall. »Für den Hund ist es ja immer das gleiche Spiel. Sie findet den Mensch im Schnee und bekommt zu Belohnung ihr Wiener Würstchen.« Prüfung und Einsatz seien nur für den Menschen mit mehr Aufregung verbunden. Trotzdem brauchen Skitourengeher übrigens keine Würstchen in die Tasche stecken, ehe sie losgehen. »Die Hunde sind darauf trainiert, den menschlichen Geruch zu finden, nicht das Würstchen.« Gegen eine Belohnung am Schluss hat Hündin Luca aber so und so nichts einzuwenden. Bei den Staatsmeisterschaften hat sie sich jedenfalls nicht nur ihr Würstchen, sondern auch einen 15-Kilo-Sack Futter erschnüffelt. Alexandra Rothenbuchner