In Karlsruhe wirkt Lee als Professorin für Violine. Mit Duo-Werken für Geige und Cello von Erwin Schulhoff und Maurice Ravel waren ohnehin schon knifflige Werke vorgesehen, aber: Sie haben das Programm noch spontan ergänzt. Vor der Pause gab es zusätzlich das virtuose Duo Nr. 1 von Bohuslav Martinu. Nach der Pause erklang zudem noch das sphärisch-kontemplative »Castillo Interior« von Peteris Vasks. Beide Werke haben das Programm sinnstiftend ergänzt.
Da ist Martinus Duo von 1927: Es ist so hochexpressiv, folkloristisch und jazzig wie das 1925/26 entstandene Duo von Schulhoff. Beide wurden von den deutschen Nazis verfolgt: Während Martinu überlebte, fiel Schulhoff im August 1942 den unmenschlichen Haftbedingungen auf der Wülzburg bei Weißenburg in Mittelfranken zum Opfer. Virtuos und jazzig gibt sich auch die fünf Jahre zuvor entstandene Duo-Sonate M.73 von Ravel.
Gleichzeitig schimmert in dem Werk viel impressionistischer Klangzauber. Das 2013 entstandene Duo von Vasks greift diese beiden Aspekte auf. Der Titel spielt auf die Mystikerin und Heilige Teresa von Avila aus dem spanischen Kastilien an. Aus diesen vielfältigen, spannenden Verbindungen machten Lee und Roozeman einen packenden Hörkrimi. Die frühe Moderne sowie die Postmoderne von Vasks liegt ihnen ganz besonders. Mit feiner, hellhöriger Intuition lebten sich die beiden Musiker in die ästhetisch-schöpferischen Haltungen ein. Schlicht stupend ist ihr technisches Vermögen: Da wurden selbst die kniffligsten Kaskaden fast schon nebenbei ausgestaltet, klanglich wie aus einer Stimme. In den zweistimmigen »Inventionen« Nr. 1, 7, 13 und 8 von Johann Sebastian Bach, mit dem das Konzert begann, lagen die Bögen bisweilen zu schwer auf den Saiten – mit etwas sattem Vibrato. Gerade in den »Inventionen« Nr. 8 und 13 hätte das Tänzerische historisch informierter herausgearbeitet werden können, aber das ist auch eine Frage des Geschmacks. Bach ist und bleibt ein weites Feld. Geradezu halsbrecherisch die Zugabe: Auf das berühmte »God Save The King« komponierten der »Cello-Paganini« Adrien-François Servais und der Geigen-Virtuose Joseph Ghys tückische »Variations brillantes«. Für Lee und Roozeman ein Kinderspiel, stürmischer Beifall im Bibliothekssaal.
Dieser Auftakt der neuen »InselKonzerte« war ein Volltreffer. Auch Pianistin Alice Sarah Ott, die Schwester von Mona Asuka, war dabei. Sie musste Auftritte wegen einer Sehnenscheiden-Entzündung absagen. Ob sie irgendwann bei den »InselKonzerten« gastieren wird? »Das entscheidet meine Schwester. Es könnte schwierig werden, aber nichts ist unmöglich.« Doch zunächst kommt am 6. Juli mit dem Trompeter Simon Höfele und der Pianistin Elisabeth Brauß ein gefeiertes Ausnahme-Duo. Es bleibt spannend bei den »InselKonzerten«. Marco Frei