Poetisch angekündigt wurde der Abend mit »Himmlisches trifft Göttliches«, wobei das Horn (unter der Bezeichnung »Schofarhorn«) dem jüdischen Kulturkreis und damit dem Alten Testament, die Harfe auch dem Neuen Testament zugeordnet werden kann. Das Motto des Programms hieß »Serenata virtuosa«, und Virtuoses war in beiden Instrumenten zu hören. Waren es in der Harfe die Glissandi und perlenden Arpeggien, aber auch aufgelöste gezupfte Akkorde, so war beim Blasinstrument ein langer Atem von Bedeutung, sowohl bei den Kantilenen also auch bei den kurzen Notenwerten, etwa im virtuosen Allegro vivace von Jan Koetsier (1911 bis 2006).
Nach der Begrüßung durch Kirchenmusiker und Chorleiter Michael Müller bewiesen Verena Meurers-Zeiser, Harfe, und Dominik Gruber, Horn, vom ersten Moment an, wie gut die beiden Instrumente zusammenpassen. Der Chorraum vor dem Hochaltar war bestuhlt und so in einen Konzertsaal verwandelt worden. Das »Solo pour Cor et Harpe« des Opernkomponisten François-Adrien Boieldieu (1775 bis 1834) mit dementsprechend opernhaften Melodien leitete die »Serenade« standesgemäß ein.
Andere Klangsprache
Der Musiker Jan Koetsier, 136 Jahre später geboren als Boieldieu, komponierte viel Blechbläsermusik und schuf in seiner Sonata op. 94 eine andere Klangsprache. Einerseits schöpfte er die technischen Möglichkeiten des Horns voll aus, andererseits sind seine neoklassizistischen Melodien angenehm zu hören. Reizvoll war, dass jedes Instrument seine Besonderheiten in der Spieltechnik zeigen konnte. Es gelang den Musikern intuitiv, sich harmonisch, rhythmisch und musikalisch zu ergänzen. Im Mittelteil des Larghetto sorgte der Dämpfer für eine andere Klangfarbe. Melodie und Begleitung wechselten im hochvirtuosen dritten Satz im Allegro vivace zwischen den Instrumenten. Synkopen und Andeutungen an Jazziges machten diesen Satz zu etwas Besonderem. So war er nach dem lang anhaltenden Applaus auch als Zugabe nochmal zu hören.
Der Vater von Richard Strauss, Franz Strauss (1822 bis 1905), war Hornist. Seine Musik folgt dem romantischen Stil mit gemäßigter, lyrischer Tonsprache, die sich auch in seinem Nocturno, op. 7 mit langem Legato zeigte.
Die Fantasie über Themen aus der Oper Eugen Onegin für Harfe solo von Pjotr I. Tschaikowsky von Emilie Auguste Walter-Kühne (1841 bis 1898) war ein virtuoses Klangfeuerwerk mit »Walzerthemen, Jagdmotiven, Melodien der Eifersucht und der Liebe«, so die Harfenistin. Sie verschmolz geradezu mit ihrem Instrument, so als würde sie die Saiten in ihrem Innersten berühren. Sie spielte dieses Werk auswendig und genoss jeden dramatischen Augenblick mit dynamischer Steigerung und anschließender Ritardando-Entspannung.
Vor der »Romance« op. 36 von Camille Saint Saëns (1835 bis 1921) rezitierte Dominik Gruber, der abwechselnd mit Verena Meurers-Zeiser durch das Programm führte, die »Sachliche Romanze« von Erich Kästner, um den Gegensatz zur französisch-romantischen »Romance« zu verdeutlichen.
Erlebnisreise einer amerikanischen Komponistin
Den Abschluss machte die unterhaltsame Suite der Amerikanerin Jeanne Singer (1924 bis 2000) mit »einer musikalischen Erlebnisreise«, so Dominik Gruber, der die vier Sätze bildhaft beschrieb mit »ein schrulliger Marsch, Eintauchen in die Welt von Herr der Ringe, düstere Klänge am Fluss und Ankunft in Spanien« mit südländischem Temperament. Die Komponistin schöpfte alle Rhythmus- und Klangmöglichkeiten der Instrumente aus, zum Beispiel das Holz des Harfen-Resonanzkörpers als Schlagzeug.
Organisator Michael Müller bedankte sich bei den beiden Musikern mit einer Präsenttasche einer örtlichen Käserei. Mit viel Applaus bedankte sich das Publikum für ein besonderes Abschlusskonzert der Waginger Musiktage. Brigitte Janoschka