Nicht an allen Standorten könnten alle Abteilungen angeboten werden, sagte Dr. Uwe Gretscher, Vorstandsvorsitzender der KSOB. Eine Notfallversorgung etwa müsse gewisse gesetzlich festgelegte Anforderungen erfüllen. Die Vorgaben führten dazu, dass sich die Notfallversorgung auf größere Standorte fokussieren werde. »In Berchtesgaden, Freilassing und Ruhpolding müssen die Blaulichter vorbeifahren«, sagte Dr. Uwe Gretscher. Im Berchtesgadener Land ist lediglich für die Zentralklinik in Bad Reichenhall eine Notfallversorgung vorgesehen.
Als wollte der Vorstandsvorsitzende Bedenken zerstreuen, legte er eine Folie auf, die die Anfahrtszeiten der jeweiligen Gemeinden des Berchtesgadener Landes und des Landkreises Traunstein zu einer Notaufnahme (in Bad Reichenhall, Traunstein oder Trostberg) aufzeigte. Alle Gemeinden (außer Reit im Winkl) erreichen einen der Standorte innerhalb von 30 Minuten.
Dr. Uwe Gretscher und sein Kollege Dr. Stefan Paech, medizinischer Direktor, warben gemeinsam für das Konzept, das die seit 2009 bestehende KSOB in die Zukunft führen soll. Es seien jegliche Anforderungen des Gesundheitswesens berücksichtigt, wie der demografische Wandel, die Altersmedizin und Geriatrie oder der Fachkräftemangel. Letzterer stellte die KSOB vor eine besonders große Herausforderung, gab Dr. Uwe Gretscher zu. Die KSOB tue sich schwer, Ärzte in Rufbereitschaft zu bekommen und Pflegekräfte zu gewinnen. Man werde Kräfte aus dem Ausland anwerben, um eine Versorgung sicher stellen zu können.
»Am Neubau führtkein Weg vorbei«
An dem im Dezember beschlossenen Neubau der Zentralklinik Berchtesgadener Land, der nun auf dem Grundstück zwischen Saalach und B 20 entstehen soll, führe kein Weg vorbei, machte Dr. Uwe Gretscher in der Sitzung deutlich. Das Krankenhaus in Bad Reichenhall, wie es jetzt dasteht, weise zu viele Mängel auf, die es den Fachkräften schwer machen, effizient zu arbeiten. Um nur einige zu nennen: geringe Flurbreiten, Weitläufigkeit des Pflegebaukörpers, unterschiedlich große Stationen, Zimmer ohne eigene Sanitärzelle. »Kliniken müssen heute andere Anforderungen erfüllen als noch vor 60 Jahren. So werden besondere Hygieneanforderungen gestellt, es sind hoch technisierte Diagnostikräume erforderlich, im Operationsbereich brauche es Fläche für technische Geräte, um beispielsweise Hybrid-Operationen durchführen oder Robotik einsetzen zu können. Es besteht zusätzlicher Raumbedarf für ältere, multimorbide, eingeschränkte und behinderte Menschen und es braucht zeitgemäße Energie- und Betriebskonzepte«, erklärte Dr. Uwe Gretscher.
All diese und noch weitere Anforderungen könnten, so der Mediziner und Betriebswirt, im Bestandsgebäude nicht realisiert werden. Eine Sanierung, die in jüngster Vergangenheit oftmals gefordert worden war, sei geprüft worden, versicherte er. Auch zur Kritik, die wegen der Flächenversiegelung wegen des Neubaus laut geworden war, hatte er etwas zu sagen: »Wir stellen nicht den hundertsten Supermarkt auf die grüne Wiese, sondern ein Krankenhaus«, sagte der Vorstandsvorsitzende.
Der Neubau muss sein. Das machten beiden KSOB-Vertreter deutlich und die Mehrheit der Redner in den Aussprachen. Hans Metzenleitner (SPD) sagte: »An einem Neubau führt kein Weg vorbei.« Dank des Neubaus der Zentralklinik und des Gesamtkonzeptes seien die Weichen gestellt, die KSOB in die Zukunft zu führen, ist er sich sicher. Dass die KSOB zu dem geworden ist, was sie jetzt ist, sei nur in der Kooperation mit Traunstein möglich gewesen, würdigte er die vor mehr als zehn Jahren umstrittene Fusion. Der Gemeinderat aus Bischofswiesen steht, das klang in seinem Redebeitrag durch, auch hinter dem geplanten Konzept der Fachklinik Berchtesgaden.
Georg Wetzelsperger (CSU) sagte, der KSOB-Vorstand und der Aufsichtsrat reagierten nicht nur auf die Herausforderungen im Gesundheitswesen, sie agierten. Stark im Verbund sei die Klinik für die Zukunft gerüstet. Michael Koller (FWG) bezeichnete den Tag der Kreistagssitzung als »Tag der Ernte«. Der Neubau, das Konzept – »von dem heutigen Beschluss profitiert die Region«, sagte er. Der Gemeinderat aus Berchtesgaden lobte die Ausrichtung des KSOB-Standortes Berchtesgaden: »Die Schönklinik schließt die Orthopädie in Schönau am Königsee, die KSOB springt ein.«
»Tragende Säule fehlt«
Der grüne Kreisrat Dr. Reinhard Reichelt sprach sich, anders wie sein Parteikollege Dr. Bartl Wimmer (Grüne), gegen das Gesamtkonzept aus. »Die deutliche Schwächung der Standorte« sei ihm ein Dorn im Auge. Der Standort in Berchtesgaden beispielsweise brauche auch eine Abteilung für innere Medizin. »Eine tragende Säule fehlt hier«, so der Mediziner, der in Schönau am Königssee praktiziert.
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Medizinisches Gesamtkonzept
Klinikum Traunstein: Schwerpunktversorgung.
Zentralklinik Berchtesgadener Land in Bad Reichenhall: Zentrale Notfall- und Akutklinik, Grund- und Regelversorgung für das Berchtesgadener Land.
Klinik Trostberg: Spezialisierte Grund- und Regelversorgung.
Fachklinik Berchtesgaden: Fachklinik für Orthopädie, Altersmedizin, Ästhetische Chirurgie.
Fachklinik Ruhpolding: Überregionales Schmerzzentrum.
Gesundheitscampus Freilassing: Ambulante und tagesklinische Versorgung.


