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Zeichen, die an die Familie Holzer erinnern, setzten in München die Angehörigen Bruce Neuburger (von links), Rick Shulein und Elijah Labowe-Stoll. (Foto: Tom Hauzenberger)

Schicksal der Familie Holzer darf nicht vergessen werden

Das Schicksal der angesehenen Traunsteiner Kaufmannsfamilie Holzer im Nationalsozialismus ist gut erforscht – dank des Historikers Friedbert Mühldorfer, den die Stadt mit der Ehrenmedaille auszeichnete. Nun wurden in München Erinnerungszeichen für Angehörige dieser jüdischen Familie gesetzt. An der Gedenkveranstaltung im Gymnasium Max-Josef-Stift nahmen neben Mühldorfer auch Angehörige der Familie Holzer teil: Bruce Neuburger und weitere Familienmitglieder waren aus den USA angereist.


Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung wurden für die Geehrten Erinnerungszeichen an ihrem letzten Wohnort gesetzt. Diese Erinnerungszeichen werden in München seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. In der Trogerstraße 44 erinnern diese vergoldeten Gedenktafeln künftig an die Schicksale von Alfred, Benno, Hedwig, Martha und Willi Holzer sowie Cäcilie und Wilhelm Spatz. »Die Erinnerung an diese Schicksale ist wichtig«, sagte Bruce Neuburger. »Gedenkveranstaltungen wie diese und die Erinnerungszeichen, die heute angebracht werden, dienen als bleibende Mahnung.«

Die Brüder Ludwig und Willy Holzer bauten seit 1902 in Traunstein ein Viehhandelsgeschäft auf. Die acht Kinder der beiden Familien gingen dort zur Schule und halfen später im elterlichen Geschäft mit. Ludwig Holzer zog Mitte der 1920er Jahre, nach dem Tod seiner Frau Bertha, mit seinen drei Töchtern nach München und eröffnete einen erfolgreichen Pferdehandel. Tochter Cäcilie heiratete in Wolfratshausen in die Viehhändlerfamilie Spatz ein, 1925 wurde ihr Sohn Wilhelm geboren.

Willy und Fanny Holzer blieben mit ihren Kindern in Traunstein. In den ersten Jahren nach Beginn der NS-Herrschaft konnten sie trotz zunehmender Einschränkungen ihr Geschäft aufrechterhalten. Örtliche Bauern machten – trotz Warnungen und Drohungen – weiterhin mit den Holzers Geschäfte. »Die Solidarität einiger Nachbarn gab der Familie ein falsches Gefühl der Sicherheit«, sagte Bruce Neuburger bei der Gedenkveranstaltung. »Willy Holzer unternahm im Laufe der Jahre keine Anstrengungen zur Auswanderung – weil er irrtümlich glaubte, dass der gute Wille der Nachbarn sie schützen würde.« Fanny Holzer starb 1936. In der »Reichskristallnacht« 1938 inszenierten SA und NSDAP einen Krawall vor Willy Holzers Haus, danach floh er mit seiner Familie nach München.

Nur Klara Holzerüberlebte

Auch hier waren sie zunehmender Ausgrenzung ausgesetzt. Schließlich wurden sie in das »Judenhaus«, Trogerstraße 44, eingewiesen und lebten bei ihren Verwandten Anna und Benno Neuburger, den Großeltern von Bruce Neuburger. Fünf Familienmitglieder wurden am 21. November 1941 nach Kaunas deportiert und dort ermordet: Willy Holzers Söhne Benno und Alfred Holzer, dessen Frau Martha sowie Cäcilie Spatz und ihr Sohn Wilhelm. In den folgenden Jahren wurden auch Willy Holzer und seine Tochter Hedwig deportiert und ermordet. Den Holocaust überlebte als einziges Familienmitglied Klara Holzer, die 1947 in die USA kam, als Näherin arbeitete und in Oregon lebte. »Klara entschied sich für Portland, weil die Berge, Flüsse und Seen sie an Traunstein und Südbayern erinnerten«, sagte Bruce Neuburger.

Er hat an einer Biographie über seinen Großvater Benno Neuburger mitgearbeitet, der über seine Frau Anna mit den Holzers verwandt war: »Benno Neuburger. Münchner Jude – Warner von dem Holocaust« von Neuburger, Bernward Dörner und Maximilian Strnad ist im Verlag Hentrich & Hentrich erschienen (96 Seiten, 9,90 Euro). Die drei Autoren stellten ihr Buch nun in München vor.

Benno Neuburger protestierte auf anonymen Postkarten gegen die Verbrechen des NS-Regimes. »Mörder von 5 000 000« – so bezeichnete er Hitler auf einer Karte vom Januar 1942. Wenig später verhaftete ihn die Gestapo. Im Juli 1942 wurde er durch den berüchtigten »Volksgerichtshof« zum Tode verurteilt und am 18. September 1942 im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee hingerichtet. Seine Postkarten sind seltene Zeugnisse des jüdischen Widerstands. fb