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Installation Balancierende Türme 1989 von Inge Mahn (1943-2023): Gerät das Gleichgewicht ins Schwanken, fallen beide. (Foto: Simon Vogel)

Sommerausstellung der Sammlung Moderne Kunst ab Samstag auf Schloss Herrenchiemsee

In der Sommerausstellung »Könnt ihr noch? – Kunst & Demokratie« der Sammlung Moderne Kunst auf Schloss Herrenchiemsee werden über 50 Arbeiten von internationalen Künstlern präsentiert, die in ihren Werken demokratische Grundwerte wie Freiheit, Gleichheit, Selbstentfaltung und die Würde des Menschen verhandeln. Eröffnet wird die Ausstellung am Wochenende 10. und 11. Mai.


Meisterwerke der Sammlung Moderne Kunst von der Klassischen Moderne bis zur Gegenwart werden ergänzt um installative Arbeiten. In den unvollendeten Rohbauräumen im Nordflügel veranstalten die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen seit 2013 die Ausstellungsreihe Königsklasse. Der spannungsvolle Dialog von Kunstwerken und Architektur schafft einen einzigartigen Rahmen für das Ausstellungsthema.

»Könnt ihr noch?« – Der Titel der Ausstellung zitiert die Tech-Rap-Formation Deichkind. Ihr Song gleichen Titels beschreibt in Sprachbildern unsere beschleunigte Gesellschaft. Es ist ein gemeinschaftliches, verbindendes »ihr«, bei dem es um eine der drängendsten Fragen unserer Gesellschaft geht: unser Verhältnis zur Demokratie. Wie motiviert sind wir noch, sie weiter zu verteidigen? Wie erschöpft sind wir als demokratische Gesellschaft? Angesichts der permanenten Bedrohungen und Unterhöhlungen der Demokratien durch Populismus und Extremismus, durch Terror und Krieg besteht Einigkeit darin, dass wir für die Demokratie etwas tun müssen.

Unter diesen Vorzeichen werden 50 Hauptwerke der Sammlung Moderne Kunst in zehn thematischen Sektionen präsentiert, ergänzt um einige Leihgaben, die eine Annäherung an die Werte der Demokratie ermöglichen. Die Ausstellung nimmt damit Bezug auf den Verfassungskonvent, der im August 1948 auf Herrenchiemsee stattfand und die Grundlage für die deutsche Verfassung schuf. Im Alten Schloss ist ihm dauerhaft die Ausstellung »Der Wille zu Freiheit und Demokratie« gewidmet.

Anfang und Ende mit Joseph Beuys

Der Rundgang beginnt und endet mit Joseph Beuys, einer der herausragendsten und schillerndsten Figuren der deutschen Nachkriegskunst. Seine »Rose für direkte Demokratie« (1973) steht für eine unmittelbare Teilhabe aller an der Politik. Beuys Einfluss auf internationale Künstler wie Andy Warhol und John Baldessari sowie auf das Umfeld der Düsseldorfer Akademie, etwa Sigmar Polke oder Inge Mahn, wird ebenfalls in der Ausstellung thematisiert. Mahns »Balancierende Türme« (1989), eine Neuerwerbung aus dem Jahr 2024, werden nur von einem Seil zusammengehalten – gerät das Gleichgewicht ins Schwanken, fallen beide. Sie stehen sinnbildlich für die letzte Sektion der Ausstellung »BALANCEAKT«: Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen eingeschränkt wird.

Die frühesten ausgestellten Werke aus der Klassischen Moderne entstanden während der Weimarer Republik, einer Hochzeit des freien und diversen Kunstschaffens. Exemplarisch stehen hierfür die Werke des Expressionismus etwa von Karl Schmidt-Rottluff oder Ernst-Ludwig Kirchner. Das zwölf Jahre währende nationalsozialistische Regime markiert einen großen Einschnitt. Sinnbilder, die auf diese Erschütterung reagieren, machen einen Großteil der Werke dieser Ausstellung aus und werden in der Sektion »SCHMERZ UND ERSCHÜTTERUNG« gezeigt. Dass die Erfahrung der Unmenschlichkeit während der NS-Zeit nicht nur auf Deutschland bezogen ist, belegen Werke von Henry Moore, Francis Bacon oder Ida Applebroog eindringlich im Saal »WUNDEN UND BRÜCHE«. Die figurative Bildsprache von Anselm Kiefer, Jörg Immendorff oder Gerhard Richter, Protagonisten der deutschen Nachkriegskunst, deckt Verdrängtes in der Gesellschaft auf.

Rosemarie Trockel, Inge Mahn oder Maria Lassnig setzen wichtige Akzente im Sinne feministischer Sichtweisen und der Erweiterung der Materialien. Die international renommierte Künstlerin Sheila Hicks, die innerhalb ihres 70-jährigen Schaffens auf allen Kontinenten gearbeitet hat, gestaltet einen eigenen Raum auf Schloss Herrenchiemsee, der das verbindende Potenzial ihrer Kunst für das Publikum erfahrbar macht.

Thomas Schütte wird das historische Treppenhaus bespielen. Seine Arbeiten können als Reaktionen auf die aktuelle Gesellschaft verstanden werden, besonders auf Themen wie Machtstrukturen, Entfremdung und die Komplexität menschlicher Beziehungen.

Station für Kinder

Ein von Kindern und Jugendlichen gestalteter, interaktiver Ort des Kinderforum van de Loo bietet eine während des Ausstellungsbetriebs zugängliche Mitmachstation sowie an den Sonntagen ein offenes Kreativprogramm (11 bis 15 Uhr) an.

Geöffnet ist die Ausstellung zu den Öffnungszeiten des Neuen Schlosses Herrenchiemsee, täglich von 9 bis 17.30 Uhr. Führungen werden angeboten freitags um 15 Uhr, am Samstag um 12 und um 13 Uhr sowie sonntags um 13 und 15 Uhr. Für Familien gibt es sonntags um 14 Uhr Führungen.