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Gut besucht war die Eröffnung der 8. Winterausstellung in der Dokumentation Obersalzberg. Fotos: privat
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Josef Hlobil, Generalkonsul der Tschechischen Republik, war auch auf den Obersalzberg gekommen.

Zwangsarbeit auf dem Obersalzberg

Berchtesgaden – Menschenunwürdige Zwangsarbeit, Tausende Tote. Bis 1945 mussten rund 500 000 tschechische Frauen und Männer für das Deutsche Reich Zwangsarbeit leisten. Auch auf dem Obersalzberg kamen tschechische Fremdarbeiter zum Einsatz. Die Dokumentation Obersalzberg gibt in der 8. Winterausstellung, die noch bis zum 27. April 2014 läuft, Einblicke in die »Zwangsarbeit der tschechischen Bevölkerung für das Dritte Reich«. Bei der Eröffnung waren unter anderem Dr. Magnus Brechtken, stellvertretender Direktor des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin, und Josef Hlobil, Generalkonsul der Tschechischen Republik, vertreten. Einführende Worte fand Dr. Tomas Jelinek, Geschäftsführer des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds Prag.


Auch wenn anfangs formal das Prinzip der Freiwilligkeit galt – am Ende mussten Tausende sterben, eine halbe Million tschechische Frauen und Männer mussten für das Deutsche Reich »unter menschenunwürdigen Bedingungen Zwangsarbeit leisten.« Nach der Errichtung des »Protektorats Böhmen und Mähren« im März 1939, die teilweise vom Obersalzberg aus geplant und organisiert wurde, übten deutsche Behörden jedoch wachsenden Druck auf die tschechische Bevölkerung aus, sich zur Arbeit in Deutschland zu melden. Seit 1942 reichten die Rekrutierungsmaßnahmen bis zur Dienstverpflichtung ganzer Jahrgänge.

Auf dem Obersalzberg mussten Tschechen seit 1938 Einsatz leisten – weil der Arbeitskräftebedarf so hoch war. Albert Speer, Architekt, Rüstungsorganisator und Kriegsverbrecher und gleichzeitig auf dem Obersalzberg zu Hause, war einer der Hauptverantwortlichen für den Zwangsarbeitseinsatz.

Die Winterausstellung, mittlerweile die achte Auflage in der Dokumentation Obersalzberg, zeigt die Maßnahmen zur Mobilisierung und Rekrutierung tschechischer Arbeitskräfte sowie deren Arbeits- und Lebensbedingungen. Dokumentiert wird zudem das System von Arbeit und Strafe in den nationalsozialistischen »Arbeitserziehungslagern«. Auch die Zwangsarbeit der KZ-Häftlinge sowie die spezifische Situation tschechischer Juden und Roma werden dargestellt. Darüber hinaus widmet sich die Ausstellung dem langen Weg bis zur Entschädigung der Betroffenen. Außerdem werden beispielhaft einige ehemalige Zwangsarbeiter mit Kurzbiografien vorgestellt. Zu sehen sind rund 250 persönliche Dokumente und Fotografien, ergänzt um Interviews von Überlebenden.

Die diesjährige Winterausstellung »Im Totaleinsatz« entstand 2008 in Zusammenarbeit mit dem Berliner Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit bei der Stiftung Topografie des Terrors. Sie ist die deutsche Version einer Wanderausstellung, die zwischen Mai 2005 und Februar 2007 in mehreren tschechischen Orten, unter anderem Prag, Brünn und Lidice, gezeigt wurde. Für die Dokumentation Obersalzberg, die siebte Station in Deutschland, wurde die Ausstellung um ein spezielles Kapitel erweitert, das der Zwangsarbeit von Tschechen am Obersalzberg gewidmet ist.

Die Winterausstellung ist ganztägig bis zum 27. April 2014 geöffnet. Weitere Informationen gibt es bei den Museumspädagoginnen Nina Riess oder Sonja Herzl unter Telefon 08652/9479623. Kilian Pfeiffer