Bildtext einblenden
Die European Museum Academy zeichnet hervorragende Dauerausstellungen aus, die Inhalte auf einzigartige Weise in eine museale Erzählung übersetzen. (Foto: Leonie Zangerl)
Bildtext einblenden
Sven Keller, der Fachliche Leiter der Dokumentation Obersalzberg, freut sich außerordentlich über die Auszeichnung. (Foto: privat)

Europäischer Museumspreis für die Dokumentation Obersalzberg

Berchtesgaden – Die European Museum Academy hat die Dokumentation Obersalzberg für ihre Dauerausstellung »Idyll und Verbrechen« mit dem renommierten Luigi Micheletti Award 2025 ausgezeichnet. Die 2023 neu eröffnete Ausstellung befasst sich mit der Geschichte des Obersalzbergs bei Berchtesgaden, der in der Zeit des Nationalsozialismus zu Adolf Hitlers zweitem Regierungssitz ausgebaut wurde. Die Verleihung erfolgte am Samstag in Budapest.


Der Micheletti Award zählt zu den wichtigsten europäischen Museumspreisen und geht jährlich an besonders innovative Museen aus den Bereichen Zeitgeschichte, Industrie und Wissenschaft. Die begehrte Auszeichnung wurde zum 29. Mal verliehen und zeichnet hervorragende Dauerausstellungen aus, die Inhalte auf einzigartige Weise in eine museale Erzählung übersetzen. Dabei bewertet eine Jury aus internationalen Experten die inhaltliche Umsetzung und die Einbindung der Exponate, die Szenographie und Gestaltung, den Medieneinsatz und das Besuchserlebnis. Der Preis wird von der Fondazione Luigi Micheletti in Brescia/Italien unterstützt.

Die Dokumentation Obersalzberg beeindruckte die Jury insbesondere durch die Art und Weise, wie sie das Publikum erzählerisch durch die Ausstellung führt: »Das Museum meistert ein sehr schwieriges Narrativ, das sich auf die groteske Geschichte der nationalsozialistischen Führung konzentriert, die die wunderbare Landschaft der Umgebung genießt, während sie gleichzeitig über das schreckliche Schicksal von Millionen Menschen in Europa und darüber hinaus entschied. Die Erzählung erfolgt mit Respekt, Empathie und Neugier, und es gelingt, anhand lokaler und regionaler Beispiele viele Nebengeschichten zu erzählen«, so die Begründung der Jury.

»Zusammen mit dem Schicksal der Opfer konfrontiert die Ausstellung die Besucher mit Graustufen und der Transformation von Alltagsorten zu Orten der Verfolgung. Die Ausstellungsarchitektur, Szenographie, Grafik und das Lichtkonzept wurden in einem dialogischen Prozess parallel zum Narrativ entwickelt, und garantieren so eine nüchterne, zurückhaltende und neutrale Präsentation, die alle unangebrachte Inszenierung vermeidet.«

Das Fazit der Jury: »Ihr Erfolg macht die Dokumentation Obersalzberg zu einem würdigen Gewinner des Luigi Micheletti Awards.«

Die Dauerausstellung »Idyll und Verbrechen« wurde vom Institut für Zeitgeschichte München−Berlin konzipiert, das die Dokumentation Obersalzberg im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung museumsfachlich betreut.

Finanz- und Heimatminister Albert Füracker betont anlässlich der Preisauszeichnung der Dokumentation Obersalzberg: »Die Dokumentation Obersalzberg leistet mit ihrer eindrücklichen Dauerausstellung einen unverzichtbaren Beitrag zur Erinnerungsarbeit. 3,5 Millionen Besucherinnen und Besucher seit der Eröffnung der Dauerausstellung im Jahr 1999 zeigen, wie bedeutsam diese Aufgabe ist. Es freut mich daher besonders, dass die neue Dauerausstellung der Dokumentation Obersalzberg über die Landesgrenzen hinaus hohe Anerkennung findet und nun mit einem so bedeutenden Museumspreis ausgezeichnet wurde. Hierzu möchte ich dem Institut für Zeitgeschichte und allen an der Neukonzeption der Dauerausstellung Beteiligten meinen herzlichen Glückwunsch und Dank aussprechen.«

Auch Sven Keller, der Fachliche Leiter der Dokumentation Obersalzberg, freut sich außerordentlich über die Auszeichnung: »Zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen sehe ich das als eine große Bestätigung unserer Arbeit, aber auch als Verpflichtung für die Zukunft. Wir danken der Jury, die unser Anliegen würdigt, die komplexe Geschichte des Obersalzberg in ein Ausstellungsnarrativ zu übertragen, das nichts verschweigt und das dem historischen Ort gerecht wird. Dass uns das gelungen ist, bestätigt nicht nur diese Auszeichnung, sondern auch und vor allem das überwältigende Interesse der Menschen. Gerade in Zeiten, in der Geschichtsvergessenheit und Geschichtsmanipulation um sich greifen, ist das ein wichtiges Signal. Geschichtsmuseen bemühen sich oft, Geschichte erfahrbar zu machen. Unsere Aufgabe ist es aber ebenso, nicht zu vergessen, welche Erfahrungen wir nicht wiederholen dürfen.«

Die Dokumentation Obersalzberg war 2025 das einzige deutsche Museum, das unter einer Vielzahl von Kandidatinnen und Kandidaten aus ganz Europa für die Auszeichnung nominiert war. Daneben war sie auch für den DASA Award nominiert, der ausgezeichnete Vermittlungs- und Bildungsangebote würdigt.

Die Dokumentation Obersalzberg befindet sich inmitten des ehemaligen Führersperrgebiets oberhalb von Berchtesgaden. Im Mittelpunkt der Dauerausstellung »Idyll und Verbrechen« steht der historische Ort Obersalzberg, den Adolf Hitler zu seiner Wahlheimat machte. Anhand von rund 350 Objekten, Dokumenten, Fotografien und multimedialen Elementen setzt sie sich mit dem scheinbaren Gegensatz zwischen idyllischer Berglandschaft einerseits und den Schrecken der NS-Herrschaft andererseits auseinander und erzählt vom Schicksal der Opfer. Am Obersalzberg verbrachte Adolf Hitler zwischen 1933 und 1945 rund ein Viertel seiner Amtszeit. In seinem Berghof entschied der Diktator im Kreis enger Vertrauter über Verfolgung, Krieg und Völkermord.

Die Dokumentation Obersalzberg wurde 1999 mit einer ersten Dauerausstellung eröffnet und hat sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem Besuchermagneten entwickelt. 2023 folgte deshalb ein moderner Museumsbau, der Raum bietet für die deutlich größere, komplett neu konzipierte Dauerausstellung unter der Regie des Instituts für Zeitgeschichte. Das bisherige Ausstellungsgebäude wurde zum Bildungszentrum umgebaut. In den zwei Jahren seit der Neueröffnung sahen rund 430.000 Besucherinnen und Besucher die Ausstellung »Idyll und Verbrechen«. fb

Mehr aus Berchtesgaden