Während der zuständige EU-Fachausschuss eine Entscheidung über ein Verbot beziehungsweise die umstrittene Zulassungsverlängerung von Glyphosat erneut vertagte, fällte der Aufsichtsrat der Molkerei Berchtesgadener Land nun eine klare, einstimmige Entscheidung: Mit sofortiger Wirkung wird die Anwendung jeglicher Totalherbizide in der Grünland- und Ackerbaubehandlung verboten.
Das Glyphosatverbot gilt damit ab sofort für alle 1800 Genossenschaftsmitglieder, deren Milch in Piding verarbeitet wird. Geschäftsführer Bernhard Pointner, der gemeinsam mit dem Vorstand diese Entscheidung vorbereitet und empfohlen hat, sagt dazu: »Es gibt in unserem Milcheinzugsgebiet keine Notwendigkeit, ein Totalherbizid einzusetzen, dessen wissenschaftliche Bewertung hinsichtlich der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt kontrovers ist.«
Aufforderung an Politik, Glyphosat zu verbieten
Mit dieser Entscheidung geht die Molkereigenossenschaft konsequent den Weg, ihr Wirtschaften an den Leitplanken der Nachhaltigkeit auszurichten. Bereits 2010 entschied man sich für gentechnikfreie Fütterung. »Die Wertschätzung, die Bürger mit dem Kauf unserer Milchprodukte den Landwirten gegenüber zum Ausdruck bringen, ist für uns eine Verpflichtung. So auch diese Entscheidung, entgegen dem Gesetzgeber, der den Einsatz der umstrittenen Totalherbizide zulässt«, so Bernhard Pointner. »Ich kann hinter dem Hinauszögern einer Entscheidung der Politiker nur starke Lobbykräfte vermuten und fordere deshalb die deutsche Politik auf, sich endlich für ein schnelles Glyphosatverbot starkzumachen.«
»Für die betroffenen Milchviehhalter bedeutet das Verbot nun einen Einschnitt in die noch gesetzlich zugelassene Bewirtschaftungspraxis, bei entsprechenden Bestandsproblemen im Ackerbau wie in der Grünlandbewirtschaftung den Wirkstoff Glyphosat einzusetzen«, sagt Hans Foldenauer, Pressesprecher des Bunds Deutscher Milchviehhalter, auf Anfrage des Traunsteiner Tagblatts. Foldenauer befürchtet, dass den betroffenen Landwirten ein Wettbewerbsnachteil »gegenüber ihren nicht von einem Verbot betroffenen Kollegen in Form eines höheren Bewirtschaftungsaufwands entstehen« kann.
Ziehen weitere Molkereibetriebe nach?
Dennoch müsse der BDM die Entscheidung der Milchwerke akzeptieren, so Foldenauer weiter. »Das Verbot ist eine Unternehmensentscheidung, dazu noch auf genossenschaftlicher Ebene, die zu respektieren ist, die Hintergründe für derartige Entscheidungen sind sicherlich berechtigte Marketingüberlegungen.« Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre heraus dürfte diese Entscheidung seiner Meinung nach dazu führen, dass sich auch andere Molkereiunternehmen mit einem Verbot befassen und dieses durchziehen. »Ähnlich ist es mit der Vorgabe, seine Tiere mit gentechnisch freien Futtermitteln zu füttern, gelaufen.«
Kein grundsätzliches Glyphosat-Verbot gibt es bisher bei der Bergader Privatkäserei in Waging. Auf unsere Anfrage teilt das Unternehmen mit: »Für unsere Landwirte ist die gesetzliche Situation verpflichtend – derzeit gibt es kein Verbot. Die Bergader Privatkäserei spricht an ihre Landwirte jedoch die Empfehlung aus, Glyphosat nicht flächig auf ihren Grünflächen auszubringen.«
Kontroverse Diskussion auch beim Bauernverband
Wie sinnvoll der Einsatz von Totalherbiziden ist, werde auch im Bauernstand sehr kontrovers diskutiert, sagt der Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands für den Bereich Traunstein, Reinhard Lampoltshammer, gegenüber unserer Zeitung. Er weist aber darauf hin, dass der Einsatz von Glyphosat häufiger im Getreide- und Maisanbau als in der Grünlandsanierung eingesetzt werde.
Kritisch sieht Lampoltshammer aber das An-den-Pranger-stellen der Landwirte, die derzeit noch das Totalherbizid verwenden: »So lange es nicht verboten ist, tut der Bauer nichts Unrechtes.« Auch wenn in der EU derzeit um die erneute Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels gerungen wird – mit ungewissem Ausgang –, sei die Anwendung aktuell völlig legal.
Allerdings gibt sich der BBV-Mann nachdenklich, und stellt in der Diskussion um das generelle Verbot von Glyphosat die Frage in den Raum: »Muss immer bewiesen werden, dass etwas krebserregend ist, oder reicht nicht auch der Verdacht?« vew/jar