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Das Wasser hat zerstörerische Arbeit geleistet: Meterhoch liegen Reifensätze und Werkstattausstattung auf 350 Quadratmetern verstreut. (Fotos: Kilian Pfeiffer)

Millionenschaden im Autohaus Brandner: Fahrzeuge beschädigt, Werkstattausstattung kaputt, Öltanks umgekippt

Berchtesgaden – Mit den Folgen des Hochwassers haben Christina und Toni Brandner vom gleichnamigen Autohaus auch Wochen nach dem Unglück noch zu kämpfen. »Mir hat es den Boden unter den Füßen weggerissen«, sagt Toni Brandner im Rückblick. Auf rund eine Million Euro schätzt er den entstandenen Schaden, der das Lager verwüstet, die Werkstatt zerstört hat. 2 000 Liter Alt- und Neuöl haben das Gebäude im Untergrund kontaminiert. »Wir haben unsere gesamte Werkstattausstattung entsorgen müssen.« Bis wieder Normalbetrieb herrscht, werden noch etliche Monate vergehen, vermuten die Eltern einer Tochter.


Neben dem Autohaus Brandner fließt der Gerer Bach, gemächlich plätschert das Wasser vor sich hin. Vor etwas mehr als einem Monat wurde der Wasserlauf zu einem reißenden Sturzbach, überschwemmte die Straße, das Gelände rund um das Autohaus. »Ich hätte weinen können«, sagt Toni Brandner. Die schlammige Brühe drang durch die Fenster in den Keller ein. Über zwei Meter stand der Keller unter Wasser. Mehrere Fahrzeuge wurden schwer beschädigt. 200 Sätze Autoreifen trieben wild umher. Die Öltanks kippten, Wie Spielzeugboote schwammen die Fahrzeuge umher. »Alle Maschinen in der Werkstatt sind kaputt«, sagt Christina Brandner. Der Schaden ist erheblich, der Betrieb des Autohauses auf unabsehbare Zeit eingeschränkt. »Wir tun alles, um weiterhin jeden Kundenwunsch zu erfüllen«, sagt Toni Brandner.

Mehrere Autohäuser im Umfeld haben dem Paar Unterstützung angeboten, etwa eine Hebebühne bereitgestellt, auf der gearbeitet werden kann. 350 Quadratmeter groß ist der Keller des Autohauses. Öl und Schlamm haben die Autowaschanlage zerstört, die Hebebühne, die Gasheizung, Schweiß- und Reifenmontiergerät, all das Werkzeug, mit dem die Mechatroniker Tag für Tag arbeiteten. Duschen und Toiletten sind zerstört, die Trennwände liegen in Trümmern. Das Teile-Lager – eine Katastrophe.

Eineinhalb Wochen lang hat Toni Brandner nur dazu gebraucht, das kaputte Inventar nach draußen zu befördern – mit großer Unterstützung Freiwilliger. »Dafür sind wir unendlich dankbar«, sagt das Paar.

Die Schadensaufnahme ist selbst heute, Wochen danach, noch nicht abgeschlossen. Eine Mitarbeiterin fotografierte zwei Wochen lang jedes einzelne Teil, erstellte Listen, um einen Überblick über die beschädigten Gegenstände zu erhalten. Die Fotos vom Unglückstag sprechen Bände: Es herrschte Chaos – quer stehende Fahrzeuge, Reifen über Reifen, verschlammt, verölt. Der Geruch von Altöl liegt auch Wochen nach dem Unglück noch in der Luft. Im Verkaufsraum wird der Estrich herausgerissen werden müssen, im Keller liegt ein versiegelter Betonboden. Es reiche, diesen abzuschleifen, hieße es, erklärt Toni Brandner den aktuellen Stand.

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Christina und Toni Brandner haben das Autohaus erst 2019 gekauft.

»Wir sind Gott sei Dank versichert«, sagt Christina Brandner. Das scheint beruhigend zu sein. Doch wird nur Art und Güte der beschädigten Objekte zum Zeitpunkt des Schadensereignisses erstattet. Das bedeutet: Am Ende muss Familie Brandner viel Geld aus eigener Tasche investieren. Die Neuanschaffungen sind deutlich teurer. Aber nur so kann es im Betrieb des Autohauses weitergehen. »Die Auto-Waschanlage haben wir bereits bestellt«, sagt Toni Brandner. 40 000 Euro kostet sie.

Über Wochen war eine Spezialfirma am Werk, um den Ölschaden im Keller im Ansatz zu beheben. Das Öl musste abgepumpt, der giftige Schlamm beseitigt werden. Auch einen Monat danach konnte im Autohaus noch nicht mit der Trocknung des Gebäudes begonnen werden. Erwartet wird nun ein weiteres Spezialunternehmen, das das im Mauerwerk eingesickerte Öl auswäscht, von Grund auf reinigt. Wie mit einem Lineal gezogen ist der auf über zwei Metern Höhe stehende Stand des Schlamm-Wasser-Öl-Gemisches zu erkennen. Erst nach der Säuberung können die Trocknungsgeräte zum Einsatz kommen. Ende September soll das Gebäude dann trocken sein.

Vier große Container hat Familie Brandner gebraucht, um die Werkstattausstattung mit dem Lader zu entsorgen. Riesige Schrottberge aus Maschinen und Altmetall türmten sich auf dem Areal. Jedes Utensil muss mit der Versicherung abgestimmt werden. Es stellt sich die Frage, ob der Schaden übernommen wird. Familie Brandner ist zuversichtlich. Ein paar Tausend Euro Spenden hat das Paar bereits erhalten. Dass der laufende Betrieb nicht gewährleistet werden kann, ist ein Problem, das zunehmend Sorge bereitet. Christina und Toni Brandner plagen Zukunftsängste. »Wären wir schon älter, würden wir den Neuanfang wohl nicht wagen«, sagt Toni Brandner. Er ist 36, Christina 39 Jahre alt. Den Betrieb haben sie erst im Jahr 2019 gekauft, ein Jahr lang gut gewirtschaftet. Dann kam Corona, die Menschen fuhren weniger mit dem Auto, die Reparaturaufträge blieben aus, das Ersparte schmolz dahin. Und zu allem Überfluss ereignete sich jüngst das Hochwasser-Unglück.

Eine Anschlussfinanzierung werde nötig sein, vermutet das Paar. Es wird Schulden machen müssen. Die Versicherung zahle nur nach Art und Güte. »Wir denken zukunftsorientiert, müssen gut aufgestellt sein«, weiß Toni Brandner. Gerade hat er eine Bestellung von Werkzeug aufgegeben, das Gebäude soll eine neue Heizung bekommen. Frühestens im Oktober ist sie da.

Der Berg an Arbeit, der vor Christina und Toni Brandner liegt, ist gewaltig groß. Das Tagesgeschäft muss so weit wie möglich aufrechterhalten werden, Handwerker müssen beauftragt werden, Gespräche mit der Versicherung müssen geführt werden.

»Wir müssen zusehen, dass wir wieder auf die Füße kommen«, sagt Toni Brandner. »Irgendwie«, fügt er hinzu, »werden wir das aber schaffen.« Nach einem Millionenschaden wird es noch Monate dauern, bis im Autohaus Brandner wieder Normalbetrieb herrscht. Kilian Pfeiffer

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