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Einen Klavierabend der besonderen Art bescherte der peruanische Pianist Vladimir Valdivia den Zuhörern im Kleinen Saal des AlpenCongress. (Foto: privat)

Bekanntes Repertoire mitreißend und mutig interpretiert

Berchtesgaden – Der Kulturkreis Berchtesgaden lud zu einem Konzertabend der besonderen Art im AlpenCongress Berchtesgaden. Der peruanische Pianist Vladimir Valdivia war zu Gast, gab ein berauschendes Konzert und servierte exzellent angerichtet klassische Gassenhauer auf einem Konzertflügel. Vladimir Valdivia beherrscht sein Instrument auf einzigartige Weise. Die Technik perfekt, die Läufe perlend, alle Partituren im Kopf, kein Blättern in Noten – wie für einen Pianisten seines Formats selbstverständlich – keine Ablenkung, die völlige Verschmelzung mit der Komposition macht alle interpretatorischen Freiheiten und Feinheiten erst möglich und verzauberte so die Zuhörer.


Im AlpenCongress Berchtesgaden wartete auf den Ausnahmeinterpreten ein frisch gestimmter Flügel von Steinway & Sons, älteren Baujahres. Der Anschlag nicht einfach, das Instrument eine hochkarätige legendäre Diva mit kleinen Allüren. Kein leichtes Unterfangen. Bereits beim nachmittäglichen Einspielen, lange vor dem Eintreffen des Publikums, hatte der Interpret seinen Zugang zu dem anspruchsvollen Berchtesgadener Instrument gefunden. Der Kleine Saal im AlpenCongress mag auf den ersten Blick, das erste Hinhören, nicht als Konzertsaal prädestiniert erscheinen. Große Fensterfronten können schon mal ein akustisch unerwünschtes Eigenleben entwickeln, sie sind bestimmt Teil vieler Albträume von Musikern. Aber die verantwortungsvolle Tätigkeit und das außerordentliche Gehör des zuständigen Technikers Tassilo Neugebauer erschuf eine akustisch ansprechende Umgebung. Die geschickte Platzierung von schalldämpfenden Vorhängen einerseits und reflektierender Holzvertäfelungen andererseits rundete perfekt das von Valdivia geschaffene Klanggemälde ab und erlaubte so, dass eben auch die ganz zarten, leisen Nuancen sich ihren Weg ins Gehör des Publikums bahnen konnten.

Und nun zum Programm: Wahrscheinlich träumt jeder Klavierschüler davon, einmal Beethovens »Für Elise« zu spielen. So herausfordernd ist es doch gar nicht, zumindest nicht der erste Satz? Dieser Gedanke verfliegt jedoch in genau dem Moment, in dem man Vladimir Valdivia dieses Werk spielen hört: denn da ist sie wieder, die technische Perfektion, die einhergeht mit einer manchmal geradezu herausfordernden interpretatorischen Freiheit. Die Perfektion der Einfachheit, die einfach so perfekt ist, dass sie den Zuhörer fast erstarren lässt.

Das konsequente Herausarbeiten der Melodie lässt dabei das Klavier fast als Singstimme erklingen. Der langgehaltene letzte Ton – eine Spezialität des Interpreten Valdivia, die sich durch fast alle Beiträge vor der Pause zog – lassen diesen letzten Klang akustisch verblassen und führen den Zuhörer zurück in die Stille. Wie ein wehmütiger Abschied von der Schönheit des eben gehörten Vortrags. Während dieses letzten Klangs war es im Saal so leise, man hätte die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können.

Es folgen Kompositionen, die so bekannt sind, dass sie bereits als Trailer fürs Kino benutzt wurden und dabei fast in Vergessenheit geriet, dass sie eigentlich einen klassischen Ursprung besitzen: noch ein fröhliches Rondo und das Adagio aus Beethovens Mondscheinsonate ruhig bewegt, wie Töne die dem langsam aufgehenden Mond folgen. Ein tänzerisches Ständchen von Schubert und die Impromptus in As- und Es-Dur mit wechselnden Tempi und ausgewogenem Spiel .

Nach der Pause, langsam aber mit Akzenten, die Nocturne Op.9 Nr. 2 von Chopin, überlagernde Melodien in Liszts Consolation Nr. 3 und perkussiv verspielt das Scherzino Mexicano von Ponce. Zum Finale dann Stücke, die aus der klassischen Gitarrenmusik bekannt sind, vorgetragen am Klavier. Vladimir Valdivia zelebriert seine südamerikanischen Ursprünge. Und es gelingt ihm ein weiteres Mal, die Zuhörer in Erstaunen zu versetzen: denn der Konzertflügel klang fast wie eine Gitarre. »Peru ist ein armes Land. Eigentlich gibt es kaum Klaviere in den Familien«, erklärt Valdivia später. »Deshalb wurden Stücke, die eigentlich für Klavier komponiert worden waren später für Gitarren adaptiert, sodass heute viele Menschen glauben, die Gitarrenversion wäre das Original.«

Zu hören gab es hier den spanischen Tanz von Granados, die Stücke Malaguena, Cuba und Sevilla von Albeniz und zum Finale dramatisch und kraftvoll den Feuertanz von De Falla, alle in der Originalfassung für Klavier.

Nach noch zwei Zugaben hat man – wie beim Kulturkreis üblich – bei Wein und Gebäck die Gelegenheit mit dem sehr sympathischen Künstler persönlich ins Gespräch zu kommen, was leicht fiel, da der Künstler selbst auch eine Fremdsprache spricht: sein Deutsch ist nahezu perfekt. fb

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