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Das Hotel »Deutsches Haus« in der Maximilianstraße wurde in den Nachkriegsjahren von der US Army zur Erholung amerikanischer Soldaten genutzt.

Berchtesgaden damals und heute: Aus Hotel »Deutsches Haus« wird Sparkassen-Geschäftsstelle

Berchtesgaden – Einige der älteren Generation werden sich vielleicht noch an das damals von den Amerikanern genutzte Hotel »Deutsches Haus« erinnern. Und mancher wird sich womöglich sogar akustisch an die Anwesenheit der Amerikaner in der Maximilianstraße erinnern, wenn nämlich in der gegenüber dem Hotel gelegenen »Bowling Alley« mit lautem Geklapper die zehn Pins (Kegel) umfielen. In der benachbarten ehemaligen Lesehalle war das »Billeting Office« untergebracht, davor war der Parkplatz für die amerikanischen Busse. Im Erdgeschoss des Hotels befanden sich ein Coffee Shop, ein Barber Shop und das Fachgeschäft der Damen Lederer/Neff für Blusen und Miederwaren. Bis in die frühen Fünfzigerjahre gehörten auch einige Zimmer im Haus Griesstätterstraße 6 als Dependance zum Hotel.

Zwei Häuser

Von der langen, wechselvollen Geschichte des Hotels ist ein Großteil in »Berchtesgaden im Wandel der Zeit« von A. Helm skizziert. Danach standen an seiner Stelle früher zwei Häuser: das sogenannte Einfahrer- oder Zerwirkmeisterhaus und das ehemalige Kuhdorferhaus. Ersteres gehörte einem gewissen Rappelt, dann einem Kappelitsch, von Letzterem ging es an den Einfahrer (= Bergmann) Franz Lindtner über, der es 1853 an den Zerwirkmeister Franz Wein veräußerte. 1877 erwarben es Karl und Franziska Knauer (Konditor).

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An derselben Stelle befindet sich seit Ende 1967 eine Geschäftsstelle der Berchtesgadener Sparkasse. (Foto/Repro: Andreas Pfnür)

Diese erbauten einen Eiskeller und 1887 einen Speisesaal und ließen zur Errichtung von Fremdenzimmern ein Stockwerk aufführen. 1891 ging das Haus an Rudolf und Luise Blumenstetter über, die eine Pension betrieben. 1903 kauften es Ernst und Therese Metke. 1906 ließ Metke das benachbarte ehemalige Kuhdorferhaus, in dem sich damals die Melberei (= Mehlhandlung) Buchner befand, völlig abtragen und als Dependance neu aufbauen. 1908 baute er dieses Haus mit dem einstigen Zerwirkmeisterhaus zu einem Komplex zusammen. In den darauffolgenden Jahren wurde das Haus modernisiert. Es war eines der ersten Häuser in Berchtesgaden, die eine Zentralheizung hatten.

Hitlers Romanze

Im Sommer 1926 hielt sich Adolf Hitler mit seiner Entourage im Hotel »Deutsches Haus« auf, wo er den Abschluss des zweiten Bandes von »Mein Kampf« diktierte. Im Herbst begegnete er im Kurgarten der 16-jährigen Maria Reiter, deren Mutter im Erdgeschoss des Hotels ein Bekleidungsgeschäft führte. Ob die sich danach entwickelnde Beziehung wirklich so intim war, wie Maria Reiter es 1959 dem Nachrichtenmagazin »Stern« berichtete, ist eher unwahrscheinlich. Fest steht immerhin, dass es gemeinsame Fahrten in Hitlers Mercedes sowie gegenseitige Besuche und Geschenke gab. Auch erhaltene Briefe und Postkarten belegen die Romanze des 37-jährigen Hitler mit seiner 21 Jahre jüngeren »Mimi«.

Auch nachdem Hitler 1928 das Haus Wachenfeld gemietet hatte, wurden seine Gefolgsleute im Hotel »Deutsches Haus« untergebracht, das später in NS-Besitz überging. Die Maximilianstraße, die während der NS-Zeit Adolf-Hitler-Straße hieß, erhielt am 2. Juni 1945 ihren früheren Namen zurück. Das »Deutsche Haus« fiel wie einige andere Hotels nach dem Zweiten Weltkrieg dem bayerischen Staat zu und wurde von den Amerikanern im Rahmen der »Recreation Area Berchtesgaden« zur Erholung amerikanischer Soldaten genützt.

Und wie die anderen Hotels spielte es 1957 eine Rolle in der »Steigenberger-Hotelaffäre«. Am 30. August 1958 wurde das Hotel um 159 881 DM von der Kreissparkasse Berchtesgaden erworben, wobei schon damals erkennbar war, dass das Gebäude, wenn eine neuzeitliche Sparkasse gebaut werden sollte, abgebrochen werden musste. Mithilfe der Bayerischen Staatskanzlei konnte dann in langwierigen Verhandlungen erreicht werden, dass das Hotel am 15. November 1963 von den Amerikanern freigegeben wurde. Im Frühjahr 1964 wurde das traditionsreiche Hotel abgerissen.

Entwicklung der Bank

An dieser Stelle sei ein kurzer Blick in die Geschichte der Berchtesgadener Sparkasse erlaubt. Am 14. Juni 1840 gründete der »gehorsamst Unterzeichnete« königliche Landrichter von Berchtesgaden, Ignaz Freiherr von Hertling, mit Genehmigung der Bezirksregierung in München und Zustimmung der zwölf Bürgermeister der Gemeinden des Landgerichtsbezirks Berchtesgaden eine »Distriktssparkasse«. Zweck der Gründung war nach den Statuten, »der minder bemittelten Klasse der Einwohner des Landgerichtes Berchtesgaden Gelegenheit zu geben, ihre geringen Ersparungen sicher und verzinslich anzulegen«.

Die Geschäfte wurden zunächst ehrenamtlich vorgenommen, später war die »Bezirkssparkasse« im Bezirksamtsgebäude, ab Anfang der Zwanzigerjahre im Rentamt am Schlossplatz (heute »Teamwörk«) untergebracht.

Bald waren dort die Geschäftsräume zu klein, deshalb kaufte man 1927 von der Marktgemeinde das Haus Marktplatz 3, das sogenannte Hirschenhaus. Nach einem Umbau wurden die Geschäftsräume am 26. April 1929 dorthin verlegt. Ab 1957 nahm der Geschäftsumfang der »Kreissparkasse« solche Formen an, dass die Räume im Hirschenhaus aus allen Nähten platzten, weshalb das »Deutsche Haus« gekauft wurde. Im April 1964 wurde es abgerissen, um Platz für den Neubau einer modernen Geschäftsstelle zu schaffen. Planung und Baugenehmigung für das komplizierte Bauvorhaben zogen sich allerdings in die Länge. Im September 1965 wurde mit der Baugrubensicherung begonnen, am 11. November 1967 konnte die Sparkasse schließlich ihren Betrieb in den neuen Geschäftsräumen aufnehmen. Der Verwaltungsausschuss der Kreissparkasse beschloss damals, von einer größeren Einweihungsfeier abzusehen, und kaufte mit den ersparten Kosten einen Sanitätswagen für die Sanitätskolonne des BRK-Ortsverbandes Berchtesgaden. 1971 wurde im ehemaligen Geschäftslokal im Hirschenhaus am Marktplatz zusätzlich eine Filiale eröffnet, die bis 1997 bestand.

Die 150-Jahr-Feier mit dem Motto »Für alle, die hier leben« wurde am 22. Juni 1990 in Bad Reichenhall ausgetragen. Am 1. Januar 1976 hatten sich nämlich die Kreissparkasse Berchtesgaden, die Kreissparkasse Bad Reichenhall und die Vereinigten Sparkassen Laufen zur Sparkasse Berchtesgadener Land zusammengeschlossen.

Umfangreiche Arbeiten

Im Jahr 1980 musste der Kundenverkehr der Sparkasse vorübergehend in den Lesesaal des Kur- und Kongresshauses ausweichen, weil die Schalterhalle neuen Erfordernissen angepasst werden sollte. So wurde beispielsweise die produktbezogene Gliederung der Halle zugunsten einer kundenorientierten Raumaufteilung aufgegeben. 1997 gab es erneut umfangreiche Bauarbeiten in der Schalterhalle, wieder galt es, sich den veränderten Service-Bedingungen und technischen Anforderungen anzupassen.

2012 steckte die Sparkasse zwei Millionen Euro in eine grundlegende Gebäudesanierung: neuer Kundenbereich mit SB-Foyer, energetische Gebäudesanierung, Brandschutzmaßnahmen, Sanierung des Flachdachs sowie unter anderem Erneuerung der Haustechnik und der Möblierung. Seither hat das Sparkassengebäude die heutige Fassadengestaltung und -farbgebung.

Das Hotel »Post Leithaus« im Hintergrund mit dem markanten runden Postturm wurde ebenfalls von den Amerikanern genutzt und im Sommer 1953 an den Eigentümer Franz Xaver Stigler zurückgegeben. Letztlich wurde es wie das Hotel »Deutsches Haus« abgerissen, um Platz für etwas Neues zu schaffen.

In der Rubrik »Berchtesgaden damals und heute« zeigt der »Berchtesgadener Anzeiger« Gegenüberstellungen von Fotos aus vergangenen Tagen und aus heutiger Zeit. Wer hat noch solche Bild-Schätze zu Hause? Der kann sie gerne in der Redaktion vorbeibringen, Dr.-Imhof-Straße 9, 83471 Berchtesgaden. Wenn sie schon in digitaler Form vorhanden sind, dann können sie per E-Mail an redaktion(at)berchtesgadener-anzeiger.de geschickt werden.

Andreas Pfnür

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