Maschinengewehrsalven, Gebirgsjäger, die sich im Fels abseilen und ein Tross Bundeswehr-eigener Tragtiere: Für Bundesministerin der Verteidigung, Annegret Kramp-Karrenbauer, war es Tag zwei ihres Besuches im Berchtesgadener Land. Die Nacht über hatte sie auf der Reiter Alpe verbracht. »Sie war im direkten Umfeld der Soldatinnen und Soldaten und konnte gute Gespräche führen«, so ein Sprecher auf Nachfrage. Ihr Besuch soll eine Wertschätzung den Soldaten gegenüber sein. »Für diese ist es natürlich etwas Besonderes, wenn die Bundesministerin der Verteidigung kommt«, sagte eine Sprecherin.
Anders als vor vier Jahren, als Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Ursula von der Leyen zu Besuch gewesen war, war das Medienaufgebot deutlich übersichtlicher – und bis auf wenige Ausnahmen regional. Corona-bedingt gab es zudem strikte Regeln, die einzuhalten waren. Keiner der Anwesenden sollte sich näher als drei Meter der Ministerin nähern. Absperrungen und Platzzuweisungen waren einzuhalten.
Versteckt im Wald beim Wachterl, fünf Minuten Fußmarsch von der B 305 entfernt, befindet sich der Steinbruch der Bayerischen Staatsforsten, in dem die Bundeswehr den aufwendigen Einsatz trainierte. Über 200 Personen waren im Vorfeld in die Organisation eingebunden. Seit rund zwei Wochen ist der Termin intern bekannt. Seitdem feilt man am Konzept der Umsetzung. Steile Bergwände ragen hier dutzende Meter in den Himmel, ein paar getarnte Unterstände, ein Lager – es ist der Stützpunkt des »Feindes«.
Annegret Kramp-Karrenbauer erreichte den Steinbruch im Hägglund, einem Mehrzweckfahrzeug der Bundeswehr mit Kettenlaufwerk. Oberst Maik Keller, Kommandeur der Gebirgsjägerbrigade 23, empfing die 58-Jährige. Begrüßt wurde sie von Landrat Bernhard Kern, Reichenhalls Oberbürgermeister Christoph Lung sowie Bischofswiesens Bürgermeister Thomas Weber. Ein kurzes »Grüß Gott«, Worte an die Öffentlichkeit gerichtet gab es im Vorfeld keine. Die Soldaten waren bereits in Stellung gegangen, knieten getarnt an der Felswand. Andere warteten auf einer Felskante hoch droben auf ihren Einsatz. 80 Personen waren an der Vorführung beteiligt. Den Medienvertretern waren die Plätze zugeteilt worden, Ausnahmen vom strikt durchgeplanten Ablauf gab es keine.
Das Kampfszenario, in dem sich der Feind und Soldaten der Bundeswehr gegenüber standen, war frei gewählt: Im Steinbruch soll das Können der Männer und Frauen im schwierigen Gelände im Vordergrund stehen. Eine Demonstration der Fertigkeiten, die in langen Jahren antrainiert und nun, außerhalb eines offiziellen Einsatzes, gezeigt werden sollen. »Es kann laut werden«, deutete eine Sprecherin vor Beginn der Veranstaltung an. Gehörschutz wurde verteilt. Ein Moderator führte durch das Programm. Gebirgsjäger zeigten zunächst ihr Können in der Wand, den Aufstieg, die Sicherung und den Nachstieg des zweiten Mannes. Tragtierführer begleiteten Haflinger und Mulis des Einsatz- und Ausbildungszentrums für Tragtierwesen auf den Übungsplatz.
Kramp-Karrenbauer verfolgte das Geschehen interessiert, tauschte sich gelegentlich mit Landrat Bernhard Kern aus. »Gebirgsjäger seien dafür ausgebildet, auch bei extremen Wetterbedingungen Höchstleistungen zu zeigen«, sagte die Stimme aus dem Off. Soldaten des Hochgebirgsjägerzuges seilten sich über die steile Wand in das feindliche Lager ab, die ersten Schüsse fielen, Platzpatronen, der Widerhall brach sich an der senkrechten Felswand – dann war der Feind ausgeschaltet. Per Sprengrohr wurde eine Straßensperre in die Luft gejagt, ein gewaltiger Knall rauschte über den Einsatzort hinweg. Ein Soldat, der sich noch in der Wand befand, sei verletzt, hieß es aus dem Off. Es war dies die Regieanweisung des Bundeswehr-eigenen Drehbuchs: Die Gebirgsjäger zeigten, wie ein Verletzter aus dem Feindgebiet evakuiert wird. Der verwundete Kamerad wurde aus der Wand gerettet und abgeseilt. Im eingenommenen Feindlager warteten Sanitäter, die den Verletzten in einem Spezialfahrzeug abtransportierten.
Die Bundesministerin der Verteidigung sagte im Anschluss, eine gute Ausrüstung für die Bundeswehr sei unumgänglich – bei der Landes- und Bündnisverteidigung ebenso wie im Kampfeinsatz. Um eine umfangreiche, qualitativ hochwertige Ausstattung zu garantieren, »brauchen wir schnellere und einfachere Prozesse und eine finanzielle Basis«. Sie kündigte an, am Standort in Bad Reichenhall in den kommenden Jahren rund 87 Millionen Euro investieren zu wollen. »Die Bundeswehr in der Region soll weiter ausgebaut werden«, sagte sie. Kilian Pfeiffer