Das Kaminfeuer soll – wenn es nach Netflix geht – diesen Winter nicht das Einzige sein, was knistert. Zugeschnitten auf eine junge Zielgruppe ist die deutsch-österreichische Produktion rund um die Showrunner Nikolaus Schulz-Dornburg und Vitus Reinbold wahrscheinlich genau das, was sich junge und jung gebliebene Serienzuschauer erhofft haben: Ein intensiv gespieltes Coming-of-Age-Drama, in dem die jugendlichen Protagonisten von grundlegend menschlichen Fragen bewegt werden. Coming-of-Age-Serien genießen Hochkonjunktur. »Atypical«, »Anne with an E« oder eben »Stranger Things«, eine der wohl erfolgreichsten Serien der letzten Jahre, sind Beispiele für einen Boom, der vor allem auf Streaming-Plattformen ungeahnte Ausmaße erreicht hat. Die Showrunner einte die Lust auf eine Geschichte rund um alpinen Glamour, Glitzer und eingestreute Thriller-Elemente, mit dem Ziel, eine Hochglanz-Serie zu erschaffen, in die die persönlichen Erfahrungen mit der illustren Münchner Schickeria einfließen.
Auch in »Kitz« sind Intrigen, sexuelle Eskapaden und Ängste junger Leute Thema – Langeweile wird gern mal in ausschweifenden Partys in teurem Champagner ertränkt.
In der Serie geht es um die 19-jährige Lisi: Ein Jahr nach dem tragischen Tod ihres Bruders wird ihr Einlass gewährt in die dekadente Welt einer Münchner Clique, die in den weltbekannten Nobelskiort zum Feiern einer Silvestersause einfällt und die dessen Einwohner entweder als Personal oder erotisches Leckerli begreifen. Lisi tritt eine Lawine los, als sie auf der Suche nach der Wahrheit herausfindet, was die schöne Vanessa mit dem Tod von Lisis Bruder Joseph zu tun hat.
71 Drehtage war die Crew am Set, mehrere Wochen davon in Berchtesgaden, wo die Produktionsfirma für den Dreh eine Privatwohnung mitten im Ort anmietete, die Eigentümer in eine Ferienwohnung ausquartierte. Für Feierszenen wurde eine örtliche Kneipe übernommen, die wegen des Lockdowns vor einem Jahr sowieso keine Gäste empfangen durfte. Im Ort selbst dienten mehrere Straßenzüge zur Aufnahme von Szenen im Freien. Das Luxushotel »Kempinski« am Obersalzberg, dessen Spa-Bereich und das Umfeld kommen in der Serie ebenso zum Zug wie der große Friedhof der Gemeinde Schönau am Königssee. Von der umliegenden Bergwelt ist dabei aber nichts zu sehen. Der Grund für den Dreh im Tourismusort Berchtesgaden seien allein die bayerischen Fördergelder gewesen, die auf diese Weise ermöglicht wurden, heißt es. Der Großteil der Außenaufnahmen wurde in Kitzbühel gedreht, an realen Schauplätzen mit viel Kunstschnee und Visual Effekts, angemieteten privaten Residenzen und direkt in den Straßen der 8000-Seelen-Ortschaft, in der kaum etwas unmöglich scheint – Pelze shoppen, Stretchlimo fahren, Blattgold auf dem Frühstücksei. Dass sich hier so manches Klischee bewahrheitet, kommt auch in der Serie nicht zu kurz.
Die Darsteller rund um Sofie Eifertinger, Valerie Huber (Vanessa), Bless Amada (Dominik) und Zoran Pingel (Kosh) spielen ihre Rollen intensiv, die Entwicklung der Charaktere während der Folgen ist spürbar. Die Serie endet in Flammen, mit offenem Ende. Allein der Zuschauererfolg entscheidet bei Netflix über Staffel zwei, der Hauptdarstellerin Sofie Eifertinger nichts entgegenzusetzen hätte, wie sie sagt.
Kilian Pfeiffer