Im Alter von 124 Tagen hatte sich Recka am Sonntag um 11.31 Uhr zu ihrem ersten Flug aufgeschwungen und war sicher am gleichen Futterplatz gelandet wie schon zuvor Dagmar. »Wir rechnen damit, dass sich Dagmar und Recka noch einige Zeit im Nationalpark aufhalten werden, bis sie das Auswilderungsgebiet zu größeren Erkundungsflügen verlassen«, so Nationalparkleiter Dr. Roland Baier.
Mit über 600 Übungsflügelschlägen pro Tag lag Recka zuletzt weit über dem Minimum von 200, das junge Bartgeier erreichen müssen, um ihren ersten Flug absolvieren zu können. Warum auch Recka, genau wie fast alle anderen europaweit bisher ausgewilderten jungen Bartgeier, am Vormittag zu ihrem Jungfernflug gestartet ist, dafür haben die Bartgeierexperten bisher noch keine Erklärung. »Über Reckas ersten Schlafplatz außerhalb der Nische haben wir uns vergangene Nacht sehr gefreut, da sie eine sichere Steilwand gewählt hat«, so Wegscheider.
Der zweite junge Bartgeier Dagmar hingegen hatte bis vor kurzem immer wieder gefährliche Steinschlagrinnen für ihre Übernachtung gewählt und das Team auf Trab gehalten. Grundsätzlich zeigt sie sich seit ihrem Ausflug am 2. Juli allerdings als weitaus bessere Fliegerin als Wally und Bavaria im Vorjahr. »Schon nach zwei Tagen schaffte Dagmar eine Punktlandung bei Recka in der Nische. Für diese Flugfertigkeit haben die beiden Geier im Vorjahr zwei Wochen benötigt«, berichtet Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.
Insgesamt hat Dagmar bisher allerdings nur relativ wenige kurze Gleitflüge absolviert, was vor allem am andauernden schlechten Wetter lag, bei dem erst gar keine gute Thermik zum Fliegen entstehen konnte.
Da Dagmars Flugradius bald schon einige hundert Meter betragen wird, haben die Projektmitarbeiter bereits jetzt Futter in Felsrinnen in weiterer Entfernung ausgelegt. Mit dem Ausflug der beiden Vögel wird auch das Projektteam von LBV und Nationalpark mobiler. »Recka wird sich bei ihrem Flugverhalten sicher an Dagmar orientieren und sich Aufwindbereiche und Futterplätze von ihr abschauen. Vielleicht wird man sie bald auch mal gemeinsam fressen oder in derselben Felsnische übernachten sehen – in der Auswilderungsnische waren sie ja zeitweise unzertrennlich«, sagt Toni Wegscheider.
Dagmar und Recka im Flug erkennen
Im Flug sind die beiden Bartgeier durch ihre unterschiedlichen hellen Flügelmarkierungen im ansonsten dunklen Gefieder gut voneinander zu unterscheiden. »Die gebleichten Federn bei Dagmar sind im Schwanz und gleich daneben im rechten Flügel gut zu erkennen. Bei Recka liegen beide Markierungen am Rand des linken Flügels«, beschreibt Wegscheider. Der LBV ruft weiterhin dazu auf, vor allem außerhalb des Auswilderungsbereichs alle Sichtungen der beiden oder auch aller anderen Geier zu melden über das Online-Formular auf der LBV-Webseite unter www.lbv.de/bartgeier-melden. Erst jetzt ging wieder die Meldung eines Bergsteigers vom Hochkönig ein, der dort Bavaria fotografieren konnte.
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