Bildtext einblenden
Am Rande des Vortrags im AlpenCongress demonstrierte Ines Papert zwei interessierten Besuchern die Verwendung von Eisbeilen. (Foto: Ulli Kastner)

Von der »Eisprinzessin« zur »Alpinistin«

Berchtesgaden – Den Titel »Eisprinzessin«, den ihr die Presse einst nach vier Weltmeistertiteln im Eisklettern verliehen hatte, mochte Ines Papert eigentlich nie. Darüber muss sich die Bayerisch Gmainer Extremkletterin allerdings keine Gedanken mehr machen, denn längst ist sie zur international bekannten »Alpinistin« gereift.


So lautete auch der Vortrag, den die 48-Jährige am Freitagabend im Rahmen des Skitouren-Testivals im AlpenCongress hielt.

Für den Termin vor überwiegend heimischem Publikum hatte Ines Papert eigens »einen sehr persönlichen« Vortrag zusammengestellt, mit dem sie sich auch bei ihren langjährigen Weggefährten für die Zeit bedankte, in der sie mit ihnen gemeinsam in den Bergen unterwegs sein konnte. Und dabei immer wieder Grenzsituationen erlebte. Schließlich sucht sie ihre alpinen Projekte nach einer Lebensweisheit aus, die sie von Hermann Hesse übernommen hat: »Du musst das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.«

Ines Papert blickte an diesem Abend zurück in die Zeit, als sie noch hinter der Mauer in der DDR lebte und von Reisen in die Welt nur träumen konnte. Als sich die Grenzen öffneten, konnte es für sie als Ziel nur Berchtesgaden geben, wo sie sofort Anschluss fand und durch Zufall das Eisklettern für sich entdeckte. Bei ihrem ersten Wettkampf ohne große Vorbereitung wurde sie auf Anhieb Zweite. In den Jahren darauf sollten noch vier Weltmeistertitel folgen. Für die Presse war Ines Papert ab sofort die »Eisprinzessin«, die Sponsoren und die Presse standen Schlange. Froh war die Bayerisch Gmainerin, als Jahre später ein Foto von ihr auf der Titelseite des Magazins »Alpinist« erschien und sie damit endgültig das Image der »Eisprinzessin« ablegen konnte.

Längst wird Ines Papert international als Weltklasse-Alpinistin wahrgenommen. Ihr Können untermauert sie immer wieder mit herausragenden Leistungen in Fels und Eis. Ob Begehungen schwierigster Mixed-Routen, Erstbesteigungen im Himalaya, spektakuläre Überschreitungen wie die winterliche Überquerung der gesamten Watzmanngruppe (»Watzmann Family Traverse«) oder die Durchsteigung von 1000-Meter-Wänden in Patagonien – wo es alpine Herausforderungen gibt, da ist Ines Papert präsent.

Doch immer wieder gibt es auch Rückschläge, enden Projekte in der Fast-Katastrophe. So an der Marmolada-Südwand, wo Ines Papert eine riesige Felsschuppe ausbrach und sie sich bei einem weiten Sturz schwer verletzte. Oder im Jahr 2018, als sie mit ihrem Partner Luka Lindic am Nyanang Ri – im Zelt schlafend – von einer Lawine überrascht wurde. Mit dem Leben davongekommen, sagten die beiden ihr Hauptprojekt – eine Durchsteigung der Shisha-Pangma-Südwand, ab. »Das Thema Achttausender war von da an für mich beendet«, schilderte Ines Papert den Zuhörern im AlpenCongress. »Die Gefahren in dieser Höhe sind mir zu wenig kalkulierbar.«

Dafür durfte Ines Papert mit ihrem heutigen Ehemann Luka Lindic viele andere schöne Erfolge an den Bergen der Welt feiern. Dazu zählen die Durchsteigung der Südostwand am Kyzal Asker in China (5842 Meter) und die Erstbegehung einer schwierigen Route am Feuerhörndl/Reiteralm in der ausklingenden Lockdown-Zeit. Der Routenname »Wolke 7« beschreibt die Gefühle der beiden, weil sie seit damals nicht nur als Kletterseilschaft gemeinsamen unterwegs sind, sondern als Seilschaft auch gemeinsam durchs Leben gehen.

Ein Traum hat sich das Ehepaar in den letzten Jahren im kroatischen Istrien erfüllt. Im Klettergebiet Kompanj haben die beiden mit erheblichem Aufwand zwei uralte Steinhäuser saniert beziehungsweise abgetragen und original wieder aufgebaut. Das eine – die »Mountain Lodge Istria« – wird bereits überwiegend an Kletterer vermietet, das andere soll bald ein Seminarhaus werden.

Und trotzdem finden Ines und Luka immer wieder genügend Zeit, um ihre Kletter- und Reiseprojekte zu realisieren. Das jüngste Abenteuer begann allerdings mit Hürden, weil Corona dazwischenkam. »Auf der Panamericana von Alaska bis nach Feuerland« wollen Ines und Luka – aufgeteilt in mehrere Abschnitte über mehrere Jahre – mit ihrem Wohnmobil fahren. Entlang der 20.000 Kilometer langen Strecke planen sie in jedem Land möglichst eine Erstbegehung. Den Anfang haben die beiden immerhin schon gemacht: in Alaska. Dort eröffneten sie unter anderem an der Westwand des Mount Huntington die Route »Heart of Stone«.

In den nächsten Jahren werden Ines und Luka zusammen mit »Charlie« – so tauften sie ihr Wohnmobil – auf dem amerikanischen Kontinent abschnittsweise weiter in Richtung Süden fahren, um Neues zu entdecken und neue Freunde kennenzulernen. Ines Papert: »Wir sind gespannt, was uns diese Reise alles bringen wird«.

Ulli Kastner

Mehr aus Berchtesgaden