Unter lautstarkem Protest des Projektentwicklers Martin Harlander. Doch der Beschluss des Marktgemeinderats greift noch viel weiter. So soll privates Baurecht künftig nur noch geschaffen werden, wenn der Markt mitreden darf.
Es war heiß. Er war stickig und schwül. Umso cooler versuchten sich Marktbürgermeister Franz Rasp (CSU), die Gemeinderäte und vor allem Martin Harlander im Publikum zu geben. Der Sitzungssaal war übervoll. Was teilweise zu skurrilen Sitznachbarschaften führte. So saß beispielsweise der streitbare Naturschützer und Harlander-Kritiker Paul Grafwallner eng neben seinem Antipoden.
Die folgende Diskussion und Abstimmung drehten sich um zwei wesentliche Punkte. Erstens um ein Mitspracherecht der Gemeinde bei der Schaffung von privatem Baurecht. Zweitens um die Zukunft der geplanten Bauprojekte »Kropfleiten«, »Eberweinweg« und »Gasötz«. Dafür müsste der Markt mit einer sogenannten Bauleitplanung Baurecht schaffen. So wie er es, wie Rasp erläuterte, beispielsweise beim Milchkurgarten, beim Rosenhof, am Mitterbach und beim Stockklausnerfeld getan habe. Im aufwendig erarbeiteten Flächennutzungsplan, der auch die wohnbauliche Entwicklung für die kommenden 20 Jahre festsetzt, seien die drei umstrittenen Flächen als mögliches Bauland enthalten.

Wie am Montag einstimmig beschlossen wurde, soll für solche Flächen aber nur noch dann Baurecht geschaffen werden, wenn die Marktgemeinde entweder Grundstückseigentümer oder anderweitig am Bauprojekt beteiligt ist. »Wir Grünen sind dafür. Denn wir brauchen nicht nur Wohnraum, den sich der Großteil der heimischen Bevölkerung nicht leisten kann«, sagte Dr. Bartl Wimmer. Außerdem sehe er in dem Beschluss keinen wesentlichen Eingriff in die freie Marktwirtschaft. »Der Immobilienmarkt neigt zu Exzessen. Die öffentliche Hand darf das nicht unterstützen«, stellte der Grünen-Fraktionssprecher klar. Die »fatale Entwicklung in Berchtesgaden« müsse man stoppen.
Auch Michael Koller (FW) erkannte dringenden Handlungsbedarf. »Wenn es zu groß wird und zu schnell geht, müssen wir gegensteuern«, sagte er. Josef Prex (CSU) sieht in dem Beschluss eine »interessante Möglichkeit, Einfluss zu nehmen«. Genauso wie Bartl Mittner (SPD).
So schnell war sie beschlossen, die nächste Maßnahme der Marktgemeinde gegen Zweit- beziehungsweise Luxuswohnungen. Der nächste Schritt fiel deutlich schwerer und dauerte dementsprechend länger. Denn nun mussten die Räte klar Farbe bekennen. Es ging um nichts weiter als die simple Frage: pro oder contra Harlander.
Zunächst sah die Tagesordnung allerdings die Beantwortung der Frage vor, ob die Projekte »Eberweinweg«, »Gasötz« und »Kropfleiten« gleich behandelt werden oder ob über ihre Fortführung separat abgestimmt werden soll. Einer, der sich mit einer Facebook-Gruppe längst öffentlich gegen das Eberweinweg-Projekt positioniert hatte, Florian Schmidt (CSU), unterstellte der Gemeindeverwaltung zunächst »taktische Tricks«, da die öffentliche Tagesordnung schwammiger formuliert gewesen sei als die am Abend vorliegende. Was stimmte: Aus der Öffentlichen ging die Bedeutung und Schwere der Entscheidung nicht hervor.
Außerdem betonte Schmidt, dass man das kleinere, familientaugliche, für Zweitwohnsitze ungeeignete »Kropfleiten«-Projekt (Doppelhäuser mit Gärten) nicht mit dem Großprojekt am Eberweinweg vergleichen könne. Deshalb stellte er einen Antrag zur Geschäftsordnung, um eine Einzelabstimmung zu bewirken. Dr. Bartl Wimmer hielt das für eine gute Idee.
Im Gegensatz zu Michael Koller und Josef Wenig (beide FW). Beide beharrten auf die im Bauausschuss beschlossene Vorgehensweise. Auch Marktbaumeister Peter Hasenknopf erklärte: »Alle drei Projekte erfordern Baurecht im Außenbereich.«
Da sich das Gremium außerstande sah abzustimmen, schlug Hans Kortenacker (BBG) eine Beratungspause vor. Nach der rund viertelstündigen Unterbrechung ging zunächst der Geschäftsordnungsantrag einstimmig und dann der Beschluss zur Gleichbehandlung der Projekte mit den Gegenstimmen von Florian Schmidt und Hans Kortenacker durch.
Harlander applaudiert
Josef Prex bekannte als erster Farbe. »Ich kenne die Baubeteiligten nicht.« Mit diesen Worten trat er dem vor allem in den sozialen Medien immer wieder kolportierten Vorwurf der Bestechlichkeit beziehungsweise Vetternwirtschaft entgegen. Er sehe keine »sachlichen Gründe« gegen die Vorhaben. Es habe nie irgendwelche Einwände gegeben. Dass es sich um »Filetgrundstücke« handle, sei immer klar gewesen. Dafür erhielt Prex Applaus von Martin Harlander.
Michael Koller und Bartl Wimmer hingegen zeigten sich davon überzeugt, dass man auf den Grundstücken »sinnvollere« Objekte zum »günstigeren Preis« verwirklichen könne. Wimmer redete sich in Rage. Er zitierte einen »Anzeiger«-Artikel, in dem Martin Harlander die Verlässlichkeit einer Gemeinde infrage gestellt hatte, wenn sie Projekte auf Eis legt, die man lange vorbereitet habe. »Baurecht gibt es erst ab dem letzten Beschluss des Gemeinderats«, polterte er. »Das sollte der ach so erfahrene Bauwerber eigentlich wissen.«
Harlander schimpft
In dem Moment sprang Harlander wutentbrannt auf und ging fluchend zur Tür und riss sie auf. »Das muss ich mir nicht anhören«, schrie er in die Runde und verließ den Saal. Schrecksekunde. »Niemand aus der Verwaltung oder dem Gemeinderat hat Zusagen gemacht«, schickte ihm Bürgermeister Rasp dann hinterher.
Als nächster echauffierte sich Hans Kortenacker. Er rekapitulierte, dass es bei allen drei Projekten im Gremium niemals Kritik gegeben habe. »Alles ging einstimmig durch. Alle rechtlichen Vorgaben sind bestens erfüllt. Alles passt zum Flächennutzungsplan«. Er verabscheue das »Harlander-Bashing«, das in Berchtesgaden derzeit en vogue sei. Beim Eberweinweg handle es sich eben gerade nicht um eine Rollladensiedlung, da es dort fast ausschließlich heimische Interessenten gebe. »Was glaubt Ihr denn, was da am Eberweinweg hinkommen soll? In dieser Lage doch sicher keine Sozialwohnungen.«
Am Schluss stimmten zehn Räte gegen die Fortführung der drei Projekte, nur acht dafür. Christian Fischer